Jensen Jana1, Vavken Patrick1,2
1 ADUS Klinik Dielsdorf, Breitestrasse 11, 8157 Dielsdorf
2 Alphaclinic Zürich, Seidengasse 16, 8001 Zürich
Abstract
Athletes have a relevant risk of shoulder problems that do not only affect the typical overhead sports. In most cases, these are overuse problems that can be treated with consistent therapy, training optimisation and temporary abstinence from sports if they are recognised promptly. In parallel, depending on the type of sport, traumatic shoulder injuries can be found, which are usually easier to recognise in diagnostics and sometimes also require surgical therapy. In this paper, we give an overview of the various diagnoses and the main features of treatment.
Zusammenfassung
Sportler haben ein relevantes Risiko für Schulterprobleme, die nicht nur die typischen Überkopfsportarten betreffen. Hierbei handelt es sich in den meisten Fällen um Überlastungsprobleme, die sofern zeitnah erkannt, mit einer konsequenten Therapie, Trainingsoptimierung und temporären Sportkarenz behandelt werden können. Parallel finden sich je nach Sportart traumatische Schulterverletzungen, die in der Diagnostik meist leichter zu erkennen sind und durchaus auch mal einer operativen Therapie bedürfen. In dieser Arbeit geben wir einen Überblick über die verschiedenen Diagnosen und Grundzüge der Behandlung.
Schlüsselwörter: Überkopfsport, Schulterüberlastung, Impingement, Schultertrauma, Schulterschmerzen
Einleitung
Der Schultergürtel zeigt durch die Synergien der verschiedenen Teilgelenke ein einzigartiges Bewegungsausmass und eine Kinematik, die nur durch entsprechende Stabilisationsmechanismen funktionieren kann und deren fein aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel anfällig für Einwirkungen von aussen ist. Beschwerden der Schulter sind kein isoliertes Problem der typischen Überkopf- oder Wurfsportarten, sondern können bei vielen Sportlern, egal ob Amateur oder Profi, vorkommen. Neben den klassischen akuten Verletzungen durch externe Krafteinwirkung oder Stürze wie z.B. Frakturen, handelt es sich vor allem um Überlastungen durch repetitive Bewegungen. Wichtig ist hier auch, zwischen dem kindlichen und ausgewachsenen Sportler zu unterscheiden, da dies einige Krankheitsbilder per se ausschliesst [1].
Traumatische (akute) Verletzungen
Frakturen
Frakturen der Schulter betreffen jeden der artikulierenden Knochen und setzen in der Regel, sofern keine Osteoporose vorliegt, ein adäquates Trauma voraus. Allen Frakturen gemeinsam ist, dass wenig dislozierte oder undislozierte Frakturen in der Regel konservativ sind. Ein offenes Vorgehen richtet sich nach Grad der Dislokation, ob die Fraktur geschlossen oder offen ist, Gelenkflächenbeteiligung, neurovaskuläre Begleitverletzungen und ob eventuell eine Mal- oder Non-union vorliegt [2,3]. Regelmässiger Sport, unabhängig von der Art, im heranwachsenden Alter, senkt das Risiko von traumatischen Frakturen in dieser Altersgruppe [4].
Rund ein Drittel aller Klavikulafrakturen sind die Folge von Sportunfällen und sind typischerweise beim jungen Erwachsenen gehäuft. In der Regel handelt es sich um Laterale- und Schaftfrakturen, da die medialen Frakturen eher mit High-Energy oder Polytraumata assoziiert sind oder im fortgeschrittenen Alter auftreten [5]. In der Regel können wenig bis nicht-dislozierte Frakturen konservativ mittels Analgesie, kurzfristiger Ruhigstellung und begleitender Physiotherapie behandelt werden [6]. Die operative Behandlung umfasst neben klassischen Plattenosteosynthesen auch die perkutane intramedulläre Fixation, je nach Frakturkonfiguration [2].
Proximale Humerusfrakturen betreffen in der Regel den älteren Sportler, häufig in Verbindung mit einem low-energy Trauma. Zur Diagnostik und Therapieentscheidung ist oftmals neben konventionellen Röntgenbildern ein CT, ggf. mit 3-D-Rekonstruktion notwendig. Das CT dient dem Verständnis der Fraktur und der Anwendung der Klassifikation nach Neer (ältere Patienten) und Lill (jüngere Patienten), welche bei der Therapieentscheidung eine Rolle spielen (Tabelle 1) [7]. Die Art der Therapie (konservativ vs. operativ) richtet sich nach Grad der Dislokation, Anzahl der Fragmente und körperlichem Anspruch des Patienten und sollte immer zum Ziel haben, dass für den Patienten beste Outcome als Resultat zu haben [3]. Bis heute gibt es keinen einheitlichen Konsens in der Behandlung der proximalen Humerusfraktur: Wichtige Faktoren, die es zu beachten gibt, sind die Durchblutung des Humeruskopfes, die Betroffenheit der medialen Kalkarregion, begleitende Osteoporose, die Stellung des Humeruskopfes und eine etwaige Luxationsfraktur. Junge compliante Patienten, nicht-dislozierte oder wenig dislozierte Frakturen können in der Regel konservativ behandelt werden. Gerade im fortgeschrittenen Alter ist bei der operativen Versorgung neben der Osteosynthese auch die Implantation einer (Fraktur-)Prothese zu diskutieren [7].

(Sub-)Luxationen und labrale Verletzungen
Trotz ihrer enormen Beweglichkeit, braucht es insbesondere beim gut trainierten Sportler, vorausgesetzt, es bestehen keine bekannten Instabilitäten oder Bindegewebserkrankungen, grosse und gezielte Krafteinwirkungen, sodass es zur Luxation des Glenohumeralgelenkes kommt. Risikofaktoren stellen Kontaktsportarten, Stürze und Radunfälle dar. In der Regel handelt es sich um anterior-inferiore Luxationen [6]. Klinisch imponieren eine fixierte Schonhaltung und teilweise erkennbar die leere Schulterpfanne als Konturänderung zur Gegenseite mit einer ventralen Schwellung. Nach Reposition und entsprechender Bildgebung zur Dokumentation der Reposition, erfolgt die temporäre und kurzfristige Ruhigstellung gefolgt von Physiotherapie [8]. Die Begleitschäden können von einem Bone-Bruise bis zur Impressionsfraktur reichen, hier sollte weitere Diagnostik zur Detektion von Begleitschäden erfolgen. Gerade jüngere Patienten weisen oft Verletzungen des ventralen Labrums und Kapsel-Band-Apparates auf, welche eine persistierende Instabilität bedingen und eine Indikation für eine operative Refixation sein können. Ziel einer Behandlung ist immer die Wiederherstellung der Schulterstabilität mit guter Funktion und Senkung des Rezidivrisikos. Einen wichtigen Faktor für die operative Behandlung stellt das Alter bei Erstluxation, die erwartete Schulterbelastung im Sportlichen- oder Berufsalltag und eine persistierende Instabilität bei erfolgter konservativer Therapie dar [3]. Eine selten anzutreffende und oft übersehende Verletzung stellt die sogenannte HAGL-Läsion (humeral avulsion of glenohumeral ligaments) dar. Diese betrifft häufig das MGHL und IGHL und führt bei fehlender Therapie zu einer 90% Rezidivwahrscheinlichkeit [9] (Abb. 1 und 2).


AC-/SC-Gelenksverletzungen
AC-Gelenksverletzungen machen rund 9% aller Schultergürtelverletzungen aus, treten gehäuft beim jungen Erwachsenen (44%) auf und sind häufig Folge eines Sturzes auf die Schulter bei adduziertem Arm. Risikofaktoren stellen Kontaktsportarten wie Hockey, Fussball, Rugby und Karate dar. Neben Frakturen gilt es Verletzungen des Plexus brachialis auszuschliessen. Die Verletzungen reichen von einfachen Zerrungen bis zur vollständigen Luxation [10]. Die Stabilität des AC-Gelenkes wird im Cross-Body-Test geprüft [6]. Zusätzlich ist die Evaluation der horizontalen Stabilität in Zusammenschau mit entsprechender Bildgebung (Zanca-View, Wasserträgeraufnahme) für die Therapieentscheidung wichtig. Die meisten AC-Gelenksverletzungen lassen sich konservativ mit einer kurzzeitigen Ruhigstellung und Physiotherapie behandeln, ein operatives Vorgehen ist jedoch bei Rockwood-IV–VI-Verletzungen indiziert, wobei eine Verletzung Rockwood III unter Umständen auch bereits ein operatives Vorgehen bei jungen aktiven Patienten rechtfertigen kann [6,10].
SC-Gelenksverletzungen sind deutlich seltener und praktisch immer die Folge eines adäquaten Traumas (Autounfälle, Sport) mit indirekter Gewalteinwirkung [10]. Sie machen 3% aller traumatischen Gelenksverletzungen aus [11]. Besonders ist, dass es hier nur zwei Dislokationsrichtungen gibt, anterior und posterior. Bei letzterer ist aufgrund der Nähe zu Gefässen und Nerven bei Manipulation und dem operativen Vorgehen Vorsicht geboten. Die Symptome der posterioren Dislokation können von einer Kompression der V. und A. Subclavia, der Trachea mit Schluckschwierigkeiten und Bolus-Gefühl bis zum Pneumothorax reichen. Häufig stellt sich die ventrale Luxation durch eine Schwellung, Instabilität und Bewegungsschmerzen dar. Die radiologische Darstellung von SC-Gelenksverletzungen erfordert häufig ein bilaterales CT in Rückenlage. Die Therapie richtet sich nach Ausmass und Art der Luxation [10,11]. Wenn nötig, können ventrale Luxationen mit einer geschlossenen Reposition, welche oft leicht gelingt, aber nicht leicht zu halten ist, temporären Ruhigstellung und Physiotherapie behandelt werden. Häufig kann eine Instabilität resultieren, die jedoch gut toleriert wird und die bei einer posterioren Luxation, die immer reponiert werden sollte, nicht zu erwarten ist [11].
Verletzungen der Rotatorenmanschette
Bei Sehnenverletzungen muss man zwischen der Rotatorenmanschette, der langen Bizepssehne mitsamt ihrem Anker und dem Pectoralis Major unterscheiden. Die Rotatorenmanschette fungiert als dynamischer Stabilisator des Glenohumeralgelenkes, dessen Versagen zu Stressreaktionen der umgebenden Strukturen (Bursitis subacromiales, Bizeps-tendinitis) und schliesslich zu einer Tendinitis der Sehnen selbst und dem Versagen der Rotatorenmanschette im Sinne einer (Partial-)Ruptur führen kann. Sie treten gehäuft beim Überkopfsportler auf, und die Ursache liegt in repetitiven Microtraumata und Ermüdung durch intensiven Gebrauch [8]. Symptome sind Schmerzen bei Aktivität und in Ruhe. Häufig klagen die Patienten über einen ausgeprägten Nachtschmerz, wie man ihn sonst von der adhäsiven Kapsulitis kennt, mit dem Problem keine Position für den Arm zu finden. Die Schmerzlokalisation ist oft vom Patienten schwer zu beschreiben. In der klinischen Untersuchung zeigt sich neben einer eingeschränkten ROM eine Schwäche der entsprechenden Sehnen. Eine Verdachtsdiagnose kann häufig durch den geübten Untersucher bereits mittels Ultraschall bestätigt werden, nichtsdestotrotz sollte immer ein MRT folgen. Kleine Partialrupturen und tendinopathische Veränderungen werden in der Regel konservativ behandelt, insbesondere beim Nicht-Leistungssportler. Hingegen ist die Indikation beim Athleten für ein operatives Vorgehen zügig zu stellen, damit ein schneller Return to Sports möglich ist [8].
Pectoralis-Major-Ruptur
Rupturen der Pectoralis-Major-Sehne sind selten und betreffen in der Regel Männer zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Risikofaktoren sind regelmässiger Sport wie Gymnastik, Jiu-Jitsu, Rugby, American Football und Kraftsport [12]. Bei letzteren spielt auch der Gebrauch von Anabolika eine Rolle, welcher zu insgesamt unflexibleren Sehnen führt, die weniger Energie absorbieren können und somit anfälliger für Verletzungen sind [13]. Mit 50% die häufigste Ursache beim Sport ist ein indirektes Trauma, häufig die sternalen Anteile an der humeralen Insertion in der exzentrischen Phase beim Bankdrücken betreffend [12]. Klinisch zeigen sich Hämatome, muskuläre Asymmetrie mit Medialisierung des Muskelbauches, das «Drop Nipple Sign» und eine palpable Lücke in der Achselfalte entlang des normalen Sehnenverlaufs im Seitenvergleich. Beim aktiven, jungen Patienten ohne Co-Morbiditäten wird ein zeitnahes operatives Vorgehen, innerhalb von sechs Wochen nach Trauma empfohlen [12].
Verletzungen des Plexus brachialis
Diese stellen eine sehr seltene Verletzung mit jedoch oft dramatischen Folgen dar. Häufig entstehen diese durch Zug an den neuronalen Strukturen, wie sie im Kontaktsport oder z.B. im Rahmen von Fahrrad- und Motorradstürzen auftreten können. Die Symptomatik ist abhängig von der Läsion und bedarf in der Regel einer raschen Diagnostik und Überweisung in ein Zentrumsspital für eine interdisziplinäre Versorgung. Als «milde» Form gilt die vorübergehende Neurapraxie des Plexus, die als «Burners and Stingers Syndrom» oder «Dead arm Syndrom» bekannt ist und z.B. durch Tritte beim Kampfsport ausgelöst werden kann. Diese betrifft am häufigsten die Wurzeln C5 und C6 und zeigt sich mit einer transienten, für wenige Minuten anhaltenden Schwäche im
M. Deltoideus und M. Biceps brachii, sowie Dysästhesien im Dermatom. Bei rascher Genesung und normaler Kraft und Beweglichkeit ist ein return to play schnell möglich. Weitere Abklärungen bedürfen in der Regel bilaterale und wiederkehrende Symptome [14].
Überlastungsprobleme/nicht akute Verletzungen
SLAP
Einen häufigen Schmerzgenerator stellt die lange Bizepssehne (LBS) und das Versagen der Fixationsmechanismen (Anker und Pulley) innerhalb des Glenohumeralgelenkes dar. Ein typisches Problem, vor allem mit akutem Auslösemechanismus beim Überkopfsportler stellt die sogenannte SLAP-Läsion (Superior Labrum Anterior to Posterior) dar, welche gerade bei älteren Patienten auch durch degenerative Prozesse bedingt sein kann. Die Symptome reichen von Problemen beim Werfen mit Unsicherheiten, Schmerzen beim Werfen oder in der ventralen Schulter bis zum «Klicken» und Reduktion der Wurfkraft. Als Hauptursache werden zwei Auslösemechanismen gesehen: zum einen der Sturz auf den ausgestreckten, abduzierten und aussenrotieren Arm [15], zum anderen rezidivierende Mikrotraumata, vor allem durch wiederholendes Werfen mit in der Ausholphase bestehender maximaler Abduktion und Aussenrotation, welche zu einer Torsion der Sehne mit daraus resultierendem Abscheren am superioren Labrum führen kann [16]. In gleicher Weise können bei diesen Bewegungen durch Torsionen der Superior-Posterioren-Rotatorenmanschette auch hier Läsionen entstehen. Die Therapie der SLAP-Läsion kann konservativ oder operativ erfolgen [3,17].
Impingement, PSI/GIRD-Syndrom und Schwimmer- Schulter
Beim Impingement handelt es sich in der Regel um eine Inbalance zwischen schwacher Rotatorenmanschette und «überstarken» grossen Schultermuskeln, die zur Humeruskopftranslation nach antero-superior mit Impingement des Tuberculum majus am Akromion und Coracoakromialen Ligament (CAL) führt. Folgen durch die entstehenden Reibungskräfte sind Bursitiden, Tendinitiden und Risse im Bereich der Rotatorenmanschette. Wurfsportler leiden oft an den Folgen eines Impingement oder subklinischer Instabilität mit Labrumverletzungen. Im Gegenzug können aber auch labrale Pathologien und eine glenohumerale Laxizität zu einem Impingement führen. Ursächlich können unter anderem falsches Training (zugunsten grosser Muskelgruppen), Rotatorenmanschettenverletzungen mit Humeruskopftranslation und sich wiederholende Bewegungen z.B. bei Schwimmern sein. Die konservative Behandlung beinhaltet eine Kräftigung der Rotatorenmanschette und periskapulären Muskulatur und die Optimierung des Skapulasetting über die skapulastabilisierende Muskulatur (Rhomboidei, Trapezius, Levator scapulae und Serratus anterior). Manchmal sind zusätzlich Infiltrationen oder ein operatives Vorgehen notwendig [18].
Das posterosuperiore Impingement (PSI), welches durch abnormale Ausssenrotationsbewegungen bei Wurfsportlern entsteht, resultiert aus wiederholenden Mikrotraumata der posterioren Kapsel mit Einblutungen und einer Schrumpfung und Verdickung der posteroinferioren Kapsel. Hieraus resultiert auch das wenig bekannte GIRD-Syndrom (glenohumeral internal rotation deficit), welches sich durch ein Innenrotationdefizit kennzeichnet und wiederum zu vermehrtem Stress auf den Bizepsanker und die umliegenden Strukturen durch eine Verlagerung des Drehzentrums nach posterosuperior mit entsprechenden Beschwerden führen kann. Die in der Regel konservative Therapie beinhaltet den sogenannten «Sleeper Stretch», welcher nach Instruktion vom Patienten selber regelmässig durchgeführt werden kann. Hierbei liegt der Patient ausgestreckt auf der zu behandelnden Schulter und versucht mit der Gegenseite eine Innenrotation auszuüben. In seltenen Fällen ist ein operativer posteroinferiorer Kapselrelease notwendig [3,16].
Eine weitere Form ist die Schwimmer-Schulter, ein anteriores Impingement im Bereich des Coracoakromialen Ligament (CAL), welche durch einen überstarken anterioren
M. Deltoideus und M. Pectoralis Major ausgelöst wird. Auch hier zeigt sich in der Folge ein Innenrotationsdefizit bei überstarker posteriorer Kapsel. Sie führt zu subklinischer Instabilität und anterioren Labrumschäden. Oft begleitend findet sich eine Bizepstendinitis. Die Behandlung beinhaltet ein Dehnen der posterioren Kapsel, eine Kräftigung der Aussenrotatoren und begleitende Übungen zur CORE-Stabilisation [18].
SICK-Skapula-Syndrom
Neben den bekannten Formen der Skapuladyskinesie gibt es das sogenannte SICK-Skapula-Syndrom als «Extremform» der Dyskinesie, bei dem es sich um ein funktionelles Problem handelt, welches als eine statische und dynamische Fehlhaltung des Schulterblattes mit entsprechender Malposition, inferomedialer Prominenz des Schulterblattes, Schmerzen am Coracoid und begleitender Dyskinesie und als Ermüdungs- und Überlastungssyndrom beim Überkopfsportler beschrieben wurde [19]. Die typische Trias beinhaltet einen Skapulatiefstand, eine Lateralverschiebung der Margo medialis und ein erhöhter Abduktionswinkel im Seitenvergleich. Die Therapie der Wahl besteht in intensiver Physiotherapie, Stretching und gezielter Kräftigung mit dem Ziel, die hintere Kapsel und die ventrale Brustmuskulatur zu entlasten [19].
Mikroinstabilität/MDI
Der Begriff der Multidirektionalen Instabilität (MDI) besteht bereits seit 1980 und bezeichnet eine Schulterinstabilität in mehr als eine Richtung [20]. Daneben existieren Beschreibungen wie Hyperlaxizität und Hypermobilität, die zu einer Mikroinstabilität und MDI führen können und klinisch z.B. über den Beighton-Score (Tabelle 2) evaluiert werden, aber nicht zwangsläufig ein Krankheitsbild darstellen und auch zum Teil vollkommen asymptomatisch sind und somit eine Normvariante darstellen. Eine Überbeweglichkeit führt nicht zwangsläufig zu einer erhöhten Verletzungsgefahr und ist insbesondere bei Kindern und hier vor allem Mädchen häufig anzutreffen [21,22]. Bei der MDI handelt es sich meist um eine atraumatische Instabilität, die zu funktioneller Dysbalance mit begleitender Rotatorenmanschettentendinitis führen und mit einer Skapuladyskinesie einhergehen kann [18]. Bei diesen Patienten sollte stets auch die Differentialdiagnose einer Kollagensynthesestörung in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn ein operatives Vorgehen geplant ist. Nicht selten treffen wir Patienten in der Praxis an, die schon diverse nicht zielführende Schultereingriffe hinter sich haben, wo dann leider viel zu spät die Diagnose einer Kollagenopathie gestellt wird. Die Therapie beinhaltet, sofern keine strukturellen Schäden vorliegen, intensivste Physiotherapie zur Zentrierung und Stabilisation [3].

Stressverletzung der proximalen Humerusepiphyse
(Little league shoulder)
Ein pädiatrisches Krankheitsbild, welches vor allem heranwachsende Jungen in Wurfsportarten betreffen kann, ist die sogenannte Little League Shoulder (LLS), eine Epiphysiolyse am proximalen Humerus, die einer Salter-Harris-Typ-1- Verletzung entspricht und durch repetitive Mikrotraumata entsteht. Radiologisch zeigt sich eine Weitung der Epiphysenfuge. Die Behandlung besteht in einer Sportpause von drei Monaten, Physiotherapie für die Verbesserung der ROM und Schulterkräftigung [23].
Thoracic outlet Syndrome
Hierbei handelt es sich um ein seltenes neuro-vaskuläres Kompressionssyndrom im Bereich des Schultergürtels, welches den Plexus brachialis und/oder die A. Subclavia betreffen kann. Ursache können Halsrippen, eine Muskelhypertrophie (M. pectoralis minor) und auch die Kallusbildung nach Rippen- oder Klavikulafrakturen sein. Es kommt vor allem überkopf zu einer Kompression der genannten Strukturen mit Blässe, Pulslosigkeit, Dysästhesien, Ermüdung der Muskulatur und Schmerzen. Zur Erhärtung der Verdachtsdiagnose dienen verschiedene Provokationstests, die weitere Diagnostik erfolgt apparativ, zum Beispiel mittels «Stress»-MR-Angiographie. In der Literatur werden vor allem Schwimmen und Baseball als Risikosportarten beschrieben. Die Therapie richtet sich nach der Ursache [24].
Zusammenfassung
Schulterschmerzen beim Sportler können unterschiedlicher Genese sein, häufig handelt es sich nicht um offensichtliche Traumafolgen, sondern Überlastungsprobleme, die durch gezieltes Training und regelmässiges Assessment vermeidbar sind. Sind die Beschwerden erst einmal vorhanden, braucht es neben intensiver Therapie manchmal auch ein operatives Vorgehen, um die Folgen zu behandeln. Entstehen Schulterbeschwerden durch ein Trauma ist je nach Schwere und Art sogar ein zeitnahes operatives Vorgehen für einen erfolgreichen Return to Sport notwendig. Wichtig ist, zwischen strukturellen Schäden und Überlastungsproblemen zu unterscheiden und gemeinsam mit den betreuenden Physiotherapeuten und dem Sportler einen optimalen Behandlungsplan zu erstellen und gemeinsam auch insbesondere bei Überlastungsfolgen Prophylaxe zu betreiben.
Korrespondenz
Jana Jensen, Dr. med
ADUS Klinik
Breitestrasse 11, 8157 Dielsdorf
Phone: 044 854 64 90
Email: jana.jensen@adus-klinik.ch
References
- Cassas KJ, Cassettari-Wayhs A. Childhood and Adolescent Sports-Related Overuse Injuries. Am Fam Physician. 15. März 2006;73(6):1014-22.
- Frima H, van Heijl M, Michelitsch C, van der Meijden O, Beeres FJP, Houwert RM, u. a. Clavicle fractures in adults; current concepts. Eur J Trauma Emerg Surg Off Publ Eur Trauma Soc. Juni 2020;46(3):519-29.
- Scheibel M, Brunner U, Agneskirchner JD, Birnbaum J, Böhm TD, Brunner U, u. a. Expertise Schulter [Internet]. 2021. Aufl. Thieme Verlag; 2021 [zitiert 25. Februar 2023]. Verfügbar unter: https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/book/10.1055/b-004-132228.
- Lynch KR, Fredericson M, Turi-Lynch B, Agostinete RR, Ito IH, Luiz-de-Marco R, u. a. Sports Participation Decreases the Incidence of Traumatic, Nonsports-Related Fractures Among Adolescents. Pediatr Exerc Sci. 1. Februar 2019;31(1):47-51.
- Ferree S, van Laarhoven JJ, Houwert RM, Hietbrink F, Verleisdonk EJM, Leenen LP. Distribution and treatment of clavicular fractures in monotrauma and polytrauma patients. J Trauma Manag Outcomes. 27. November 2014;8(1):17.
- Monica J, Vredenburgh Z, Korsh J, Gatt C. Acute Shoulder Injuries in Adults. Am Fam Physician. 15. Juli 2016;94(2):119-27.
- Burkhart KJ, Dietz SO, Bastian L, Thelen U, Hoffmann R, Müller LP. The treatment of proximal humeral fracture in adults. Dtsch Arzteblatt Int. September 2013;110(35-36):591-7.
- Hudson VJ. Evaluation, Diagnosis, and Treatment of Shoulder Injuries in Athletes. Clin Sports Med. 1. Januar 2010;29(1):19-32.
- Longo UG, Rizzello G, Ciuffreda M, Locher J, Berton A, Salvatore G, u. a. Humeral Avulsion of the Glenohumeral Ligaments: A Systematic Review. Arthrosc J Arthrosc Relat Surg Off Publ Arthrosc Assoc N Am Int Arthrosc Assoc. September 2016;32(9):1868-76.
- Bontempo NA, Mazzocca AD. Biomechanics and treatment of acromioclavicular and sternoclavicular joint injuries. Br J Sports Med. 1. April 2010;44(5):361-9.
- Van Tongel A, De Wilde L. Sternoclavicular joint injuries: a literature review. Muscles Ligaments Tendons J. 15. Februar 2012;1(3):100-5.
- Thompson K, Kwon Y, Flatow E, Jazrawi L, Strauss E, Alaia M. Everything pectoralis major: from repair to transfer. Phys Sportsmed. Februar 2020;48(1):33-45.
- Aärimaa V, Rantanen J, Heikkilä J, Helttula I, Orava S. Rupture of the pectoralis major muscle. Am J Sports Med. 2004;32(5):1256-62.
- Burners & Stingers – Knee & Sports – Orthobullets [Internet]. [zitiert 1. April 2023]. Verfügbar unter: https://www.orthobullets.com/knee-and-sports/3115/burners-and-stingers.
- Snyder SJ, Karzel RP, Del Pizzo W, Ferkel RD, Friedman MJ. SLAP lesions of the shoulder. Arthrosc J Arthrosc Relat Surg Off Publ Arthrosc Assoc N Am Int Arthrosc Assoc. 1990;6(4):274-9.
- Burkhart SS, Morgan CD, Kibler WB. The disabled throwing shoulder: spectrum of pathology Part I: pathoanatomy and biomechanics. Arthrosc J Arthrosc Relat Surg Off Publ Arthrosc Assoc N Am Int Arthrosc Assoc. April 2003;19(4):404-20.
- Burkhart SS, Morgan CD, Kibler WB. The disabled throwing shoulder: spectrum of pathology. Part II: evaluation and treatment of SLAP lesions in throwers. Arthrosc J Arthrosc Relat Surg Off Publ Arthrosc Assoc N Am Int Arthrosc Assoc. 2003;19(5):531-9.
- Team Physician Manual (3rd Edition) | FIMS – International Federation of Sports Medicine [Internet]. [zitiert 1. April 2023]. Verfügbar unter: https://www.fims.org/knowledge/publications/team-physician-manual-3rd-edition/
- Burkhart SS, Morgan CD, Kibler WB. The disabled throwing shoulder: spectrum of pathology Part III: The SICK scapula, scapular dyskinesis, the kinetic chain, and rehabilitation. Arthrosc J Arthrosc Relat Surg Off Publ Arthrosc Assoc N Am Int Arthrosc Assoc. 2003;19(6):641-61.
- Neer CS, Foster CR. Inferior capsular shift for involuntary inferior and multidirectional instability of the shoulder. A preliminary report. J Bone Joint Surg Am. September 1980;62(6):897-908.
- Bukva B, Vrgocˇ G, Madic´ DM, Sporiš G, Trajkovic´ N. Correlation between hypermobility score and injury rate in artistic gymnastics. J Sports Med Phys Fitness. Februar 2019;59(2):330-4.
- Seçkin U, Tur BS, Yilmaz O, Yagˇci I, Bodur H, Arasil T. The prevalence of joint hypermobility among high school students. Rheumatol Int. Mai 2005;25(4):260-3.
- Bednar ED, Kay J, Memon M, Simunovic N, Purcell L, Ayeni OR. Diagnosis and Management of Little League Shoulder: A Systematic Review. Orthop J Sports Med. Juli 2021;9(7):23259671211017564.
- Garraud T, Pomares G, Daley P, Menu P, Dauty M, Fouasson-Chailloux A. Thoracic Outlet Syndrome in Sport: A Systematic Review. Front Physiol. 2022;13:838014.
Comments are closed.