Jensen Jana1, Vavken Patrick1,2
1 ADUS Klinik Dielsdorf, Breitestrasse 11, 8157 Dielsdorf
2 Alphaclinic ZĆ¼rich, Seidengasse 16, 8001 ZĆ¼rich

Abstract

Athletes have a relevant risk of shoulder problems that do not only affect the typical overhead sports. In most cases, these are overuse problems that can be treated with consistent therapy, training optimisation and temporary abstinence from sports if they are recognised promptly. In parallel, depending on the type of sport, traumatic shoulder injuries can be found, which are usually easier to recognise in diagnostics and sometimes also require surgical therapy. In this paper, we give an overview of the various diagnoses and the main features of treatment.

Zusammenfassung

Sportler haben ein relevantes Risiko fĆ¼r Schulterprobleme, die nicht nur die typischen Ɯberkopfsportarten betreffen. Hierbei handelt es sich in den meisten FƤllen um Ɯberlastungsprobleme, die sofern zeitnah erkannt, mit einer konsequenten Therapie, Trainingsoptimierung und temporƤren Sportkarenz behandelt werden kƶnnen. Parallel finden sich je nach Sportart traumatische Schulterverletzungen, die in der Diagnostik meist leichter zu erkennen sind und durchaus auch mal einer operativen Therapie bedĆ¼rfen. In dieser Arbeit geben wir einen Ɯberblick Ć¼ber die verschiedenen Diagnosen und GrundzĆ¼ge der Behandlung.

SchlĆ¼sselwƶrter: Ɯberkopfsport, SchulterĆ¼berlastung, Impingement, Schultertrauma, Schulterschmerzen

Einleitung

Der SchultergĆ¼rtel zeigt durch die Synergien der verschiedenen Teilgelenke ein einzigartiges Bewegungsausmass und eine Kinematik, die nur durch entsprechende Stabilisationsmechanismen funktionieren kann und deren fein aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel anfƤllig fĆ¼r Einwirkungen von aussen ist. Beschwerden der Schulter sind kein isoliertes Problem der typischen Ɯberkopf- oder Wurfsportarten, sondern kƶnnen bei vielen Sportlern, egal ob Amateur oder Profi, vorkommen. Neben den klassischen akuten Verletzungen durch externe Krafteinwirkung oder StĆ¼rze wie z.B. Frakturen, handelt es sich vor allem um Ɯberlastungen durch repetitive Bewegungen. Wichtig ist hier auch, zwischen dem kindlichen und ausgewachsenen Sportler zu unterscheiden, da dies einige Krankheitsbilder per se ausschliesst [1].

Traumatische (akute) Verletzungen

Frakturen

Frakturen der Schulter betreffen jeden der artikulierenden Knochen und setzen in der Regel, sofern keine Osteoporose vorliegt, ein adƤquates Trauma voraus. Allen Frakturen gemeinsam ist, dass wenig dislozierte oder undislozierte Frakturen in der Regel konservativ sind. Ein offenes Vorgehen richtet sich nach Grad der Dislokation, ob die Fraktur geschlossen oder offen ist, GelenkflƤchenbeteiligung, neurovaskulƤre Begleitverletzungen und ob eventuell eine Mal- oder Non-union vorliegt [2,3]. RegelmƤssiger Sport, unabhƤngig von der Art, im heranwachsenden Alter, senkt das Risiko von traumatischen Frakturen in dieser Altersgruppe [4].
Rund ein Drittel aller Klavikulafrakturen sind die Folge von SportunfƤllen und sind typischerweise beim jungen Erwachsenen gehƤuft. In der Regel handelt es sich um Laterale- und Schaftfrakturen, da die medialen Frakturen eher mit High-Energy oder Polytraumata assoziiert sind oder im fortgeschrittenen Alter auftreten [5]. In der Regel kƶnnen wenig bis nicht-dislozierte Frakturen konservativ mittels Analgesie, kurzfristiger Ruhigstellung und begleitender Physiotherapie behandelt werden [6]. Die operative Behandlung umfasst neben klassischen Plattenosteosynthesen auch die perkutane intramedullƤre Fixation, je nach Frakturkonfiguration [2].
Proximale Humerusfrakturen betreffen in der Regel den Ƥlteren Sportler, hƤufig in Verbindung mit einem low-energy Trauma. Zur Diagnostik und Therapieentscheidung ist oftmals neben konventionellen Rƶntgenbildern ein CT, ggf. mit 3-D-Rekonstruktion notwendig. Das CT dient dem VerstƤndnis der Fraktur und der Anwendung der Klassifikation nach Neer (Ƥltere Patienten) und Lill (jĆ¼ngere Patienten), welche bei der Therapieentscheidung eine Rolle spielen (Tabelle 1) [7]. Die Art der Therapie (konservativ vs. operativ) richtet sich nach Grad der Dislokation, Anzahl der Fragmente und kƶrperlichem Anspruch des Patienten und sollte immer zum Ziel haben, dass fĆ¼r den Patienten beste Outcome als Resultat zu haben [3]. Bis heute gibt es keinen einheitlichen Konsens in der Behandlung der proximalen Humerusfraktur: Wichtige Faktoren, die es zu beachten gibt, sind die Durchblutung des Humeruskopfes, die Betroffenheit der medialen Kalkarregion, begleitende Osteoporose, die Stellung des Humeruskopfes und eine etwaige Luxationsfraktur. Junge compliante Patienten, nicht-dislozierte oder wenig dislozierte Frakturen kƶnnen in der Regel konservativ behandelt werden. Gerade im fortgeschrittenen Alter ist bei der operativen Versorgung neben der Osteosynthese auch die Implantation einer (Fraktur-)Prothese zu diskutieren [7].

Tab. 1: Entscheidungskriterien fĆ¼r ein operatives Vorgehen bei proximaler Humerusfraktur nach Neer und Lill

(Sub-)Luxationen und labrale Verletzungen

Trotz ihrer enormen Beweglichkeit, braucht es insbesondere beim gut trainierten Sportler, vorausgesetzt, es bestehen keine bekannten InstabilitƤten oder Bindegewebserkrankungen, grosse und gezielte Krafteinwirkungen, sodass es zur LuĀ­xation des Glenohumeralgelenkes kommt. Risikofaktoren stellen Kontaktsportarten, StĆ¼rze und RadunfƤlle dar. In der Regel handelt es sich um anterior-inferiore Luxationen [6]. Klinisch imponieren eine fixierte Schonhaltung und teilweise erkennbar die leere Schulterpfanne als KonturƤnderung zur Gegenseite mit einer ventralen Schwellung. Nach Reposition und entsprechender Bildgebung zur Dokumentation der Reposition, erfolgt die temporƤre und kurzfristige Ruhigstellung gefolgt von Physiotherapie [8]. Die BegleitschƤden kƶnnen von einem Bone-Bruise bis zur Impressionsfraktur reichen, hier sollte weitere Diagnostik zur Detektion von BegleitschƤden erfolgen. Gerade jĆ¼ngere Patienten weisen oft Verletzungen des ventralen Labrums und Kapsel-Band-Apparates auf, welche eine persistierende InstabilitƤt bedingen und eine Indikation fĆ¼r eine operative Refixation sein kƶnnen. Ziel einer Behandlung ist immer die Wiederherstellung der SchulterstabilitƤt mit guter Funktion und Senkung des Rezidivrisikos. Einen wichtigen Faktor fĆ¼r die operative Behandlung stellt das Alter bei Erstluxation, die erwartete Schulterbelastung im Sportlichen- oder Berufsalltag und eine persistierende InstabilitƤt bei erfolgter konservativer Therapie dar [3]. Eine selten anzutreffende und oft Ć¼bersehende Verletzung stellt die sogenannte HAGL-LƤsion (humeral avulsion of glenohumeral ligaments) dar. Diese betrifft hƤufig das MGHL und IGHL und fĆ¼hrt bei fehlender Therapie zu einer 90% Rezidivwahrscheinlichkeit [9] (Abb. 1 und 2).

Abb. 1: HAGL-LƤsion im Arthro-MRT mit ausladender vom Humerus separierter Kapsel und kaudalem KM-Austritt. Wir mƶchten Dr. G. Fried von der ADUS Radiologie Dielsdorf fĆ¼r das Bildmaterial danken.
Abb. 2: Arthroskopischer Befund mit im Rezessus zerrissener Kapsel bei HAGL-LƤsion vor und nach Repair mittels resorbierbarer PDS-Naht (Ablauf im Uhrzeigersinn).

AC-/SC-Gelenksverletzungen

AC-Gelenksverletzungen machen rund 9% aller SchultergĆ¼rtelverletzungen aus, treten gehƤuft beim jungen Erwachsenen (44%) auf und sind hƤufig Folge eines Sturzes auf die Schulter bei adduziertem Arm. Risikofaktoren stellen KontaktĀ­sportarten wie Hockey, Fussball, Rugby und Karate dar. Neben Frakturen gilt es Verletzungen des Plexus brachialis auszuschliessen. Die Verletzungen reichen von einfachen Zerrungen bis zur vollstƤndigen Luxation [10]. Die StabilitƤt des AC-Gelenkes wird im Cross-Body-Test geprĆ¼ft [6]. ZusƤtzlich ist die Evaluation der horizontalen StabilitƤt in Zusammenschau mit entsprechender Bildgebung (Zanca-View, WassertrƤgeraufnahme) fĆ¼r die Therapieentscheidung wichtig. Die meisten AC-Gelenksverletzungen lassen sich konservativ mit einer kurzzeitigen Ruhigstellung und Physiotherapie behandeln, ein operatives Vorgehen ist jedoch bei Rockwood-IVā€“VI-Verletzungen indiziert, wobei eine Verletzung Rockwood III unter UmstƤnden auch bereits ein operatives Vorgehen bei jungen aktiven Patienten rechtfertigen kann [6,10].
SC-Gelenksverletzungen sind deutlich seltener und praktisch immer die Folge eines adƤquaten Traumas (AutounfƤlle, Sport) mit indirekter Gewalteinwirkung [10]. Sie machen 3% aller traumatischen Gelenksverletzungen aus [11]. Besonders ist, dass es hier nur zwei Dislokationsrichtungen gibt, anterior und posterior. Bei letzterer ist aufgrund der NƤhe zu GefƤssen und Nerven bei Manipulation und dem operativen Vorgehen Vorsicht geboten. Die Symptome der posterioren Dislokation kƶnnen von einer Kompression der V. und A. Subclavia, der Trachea mit Schluckschwierigkeiten und Bolus-GefĆ¼hl bis zum Pneumothorax reichen. HƤufig stellt sich die ventrale Luxation durch eine Schwellung, InstabilitƤt und Bewegungsschmerzen dar. Die radiologische Darstellung von SC-Gelenksverletzungen erfordert hƤufig ein bilaterales CT in RĆ¼ckenlage. Die Therapie richtet sich nach Ausmass und Art der Luxation [10,11]. Wenn nƶtig, kƶnnen ventrale Luxationen mit einer geschlossenen Reposition, welche oft leicht gelingt, aber nicht leicht zu halten ist, temporƤren Ruhigstellung und Physiotherapie behandelt werden. HƤufig kann eine InstabilitƤt resultieren, die jedoch gut toleriert wird und die bei einer posterioren Luxation, die immer reponiert werden sollte, nicht zu erwarten ist [11].

Verletzungen der Rotatorenmanschette

Bei Sehnenverletzungen muss man zwischen der Rotatorenmanschette, der langen Bizepssehne mitsamt ihrem Anker und dem Pectoralis Major unterscheiden. Die Rotatorenmanschette fungiert als dynamischer Stabilisator des Glenohumeralgelenkes, dessen Versagen zu Stressreaktionen der umgebenden Strukturen (Bursitis subacromiales, BizepsĀ­-tendinitis) und schliesslich zu einer Tendinitis der Sehnen selbst und dem Versagen der Rotatorenmanschette im Sinne einer (Partial-)Ruptur fĆ¼hren kann. Sie treten gehƤuft beim Ɯberkopfsportler auf, und die Ursache liegt in repetitiven Microtraumata und ErmĆ¼dung durch intensiven Gebrauch [8]. Symptome sind Schmerzen bei AktivitƤt und in Ruhe. HƤufig klagen die Patienten Ć¼ber einen ausgeprƤgten Nachtschmerz, wie man ihn sonst von der adhƤsiven Kapsulitis kennt, mit dem Problem keine Position fĆ¼r den Arm zu finden. Die Schmerzlokalisation ist oft vom Patienten schwer zu beschreiben. In der klinischen Untersuchung zeigt sich neben einer eingeschrƤnkten ROM eine SchwƤche der entsprechenden Sehnen. Eine Verdachtsdiagnose kann hƤufig durch den geĆ¼bten Untersucher bereits mittels Ultraschall bestƤtigt werden, nichtsdestotrotz sollte immer ein MRT folgen. Kleine Partialrupturen und tendinopathische VerƤnderungen werden in der Regel konservativ behandelt, insbesondere beim Nicht-Leistungssportler. Hingegen ist die Indikation beim Athleten fĆ¼r ein operatives Vorgehen zĆ¼gig zu stellen, damit ein schneller Return to Sports mƶglich ist [8].

Pectoralis-Major-Ruptur

Rupturen der Pectoralis-Major-Sehne sind selten und betreffen in der Regel MƤnner zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Risikofaktoren sind regelmƤssiger Sport wie Gymnastik, Jiu-Jitsu, Rugby, American Football und Kraftsport [12]. Bei letzteren spielt auch der Gebrauch von Anabolika eine Rolle, welcher zu insgesamt unflexibleren Sehnen fĆ¼hrt, die weniger Energie absorbieren kƶnnen und somit anfƤlliger fĆ¼r Verletzungen sind [13]. Mit 50% die hƤufigste Ursache beim Sport ist ein indirektes Trauma, hƤufig die sternalen Anteile an der humeralen Insertion in der exzentrischen Phase beim BankdrĆ¼cken betreffend [12]. Klinisch zeigen sich HƤmatome, muskulƤre Asymmetrie mit Medialisierung des Muskelbauches, das Ā«Drop Nipple SignĀ» und eine palpable LĆ¼cke in der Achselfalte entlang des normalen Sehnenverlaufs im Seitenvergleich. Beim aktiven, jungen Patienten ohne Co-MorbiditƤten wird ein zeitnahes operatives Vorgehen, innerhalb von sechs Wochen nach Trauma empfohlen [12].

Verletzungen des Plexus brachialis

Diese stellen eine sehr seltene Verletzung mit jedoch oft dramatischen Folgen dar. HƤufig entstehen diese durch Zug an den neuronalen Strukturen, wie sie im Kontaktsport oder z.B. im Rahmen von Fahrrad- und MotorradstĆ¼rzen auftreten kƶnnen. Die Symptomatik ist abhƤngig von der LƤsion und bedarf in der Regel einer raschen Diagnostik und Ɯberweisung in ein Zentrumsspital fĆ¼r eine interdisziplinƤre Versorgung. Als Ā«mildeĀ» Form gilt die vorĆ¼bergehende Neurapraxie des Plexus, die als Ā«Burners and Stingers SyndromĀ» oder Ā«Dead arm SyndromĀ» bekannt ist und z.B. durch Tritte beim Kampfsport ausgelƶst werden kann. Diese betrifft am hƤufigsten die Wurzeln C5 und C6 und zeigt sich mit einer transienten, fĆ¼r wenige Minuten anhaltenden SchwƤche im
M. Deltoideus und M. Biceps brachii, sowie DysƤsthesien im Dermatom. Bei rascher Genesung und normaler Kraft und Beweglichkeit ist ein return to play schnell mƶglich. Weitere AbklƤrungen bedĆ¼rfen in der Regel bilaterale und wiederkehrende Symptome [14].

Ɯberlastungsprobleme/nicht akute Ā­Verletzungen

SLAP

Einen hƤufigen Schmerzgenerator stellt die lange Bizepssehne (LBS) und das Versagen der Fixationsmechanismen (Anker und Pulley) innerhalb des Glenohumeralgelenkes dar. Ein typisches Problem, vor allem mit akutem Auslƶsemechanismus beim Ɯberkopfsportler stellt die sogenannte SLAP-LƤsion (Superior Labrum Anterior to Posterior) dar, welche gerade bei Ƥlteren Patienten auch durch degenerative Prozesse bedingt sein kann. Die Symptome reichen von Problemen beim Werfen mit Unsicherheiten, Schmerzen beim Werfen oder in der ventralen Schulter bis zum Ā«KlickenĀ» und Reduktion der Wurfkraft. Als Hauptursache werden zwei Auslƶsemechanismen gesehen: zum einen der Sturz auf den ausgestreckten, abduzierten und aussenrotieren Arm [15], zum anderen rezidivierende Mikrotraumata, vor allem durch wiederholendes Werfen mit in der Ausholphase bestehender maximaler Abduktion und Aussenrotation, welche zu einer Torsion der Sehne mit daraus resultierendem Abscheren am superioren Labrum fĆ¼hren kann [16]. In gleicher Weise kƶnnen bei diesen Bewegungen durch Torsionen der Superior-Posterioren-Rotatorenmanschette auch hier LƤsionen entstehen. Die Therapie der SLAP-LƤsion kann konservativ oder operativ erfolgen [3,17].

Impingement, PSI/GIRD-Syndrom und Schwimmer- Schulter

Beim Impingement handelt es sich in der Regel um eine Inbalance zwischen schwacher Rotatorenmanschette und Ā«Ć¼berstarkenĀ» grossen Schultermuskeln, die zur Humeruskopftranslation nach antero-superior mit Impingement des Tuberculum majus am Akromion und Coracoakromialen Ligament (CAL) fĆ¼hrt. Folgen durch die entstehenden ReibungskrƤfte sind Bursitiden, Tendinitiden und Risse im Bereich der Rotatorenmanschette. Wurfsportler leiden oft an den Folgen eines Impingement oder subklinischer InstabilitƤt mit Labrumverletzungen. Im Gegenzug kƶnnen aber auch labrale Pathologien und eine glenohumerale LaxizitƤt zu einem Impingement fĆ¼hren. UrsƤchlich kƶnnen unter anderem falsches Training (zugunsten grosser Muskelgruppen), Rotatorenmanschettenverletzungen mit Humeruskopftranslation und sich wiederholende Bewegungen z.B. bei Schwimmern sein. Die konservative Behandlung beinhaltet eine KrƤftigung der Rotatorenmanschette und periskapulƤren Muskulatur und die Optimierung des Skapulasetting Ć¼ber die skapulastabilisierende Muskulatur (Rhomboidei, Trapezius, Levator scapulae und Serratus anterior). Manchmal sind zusƤtzlich Infiltrationen oder ein operatives Vorgehen notwendig [18].
Das posterosuperiore Impingement (PSI), welches durch abnormale Ausssenrotationsbewegungen bei Wurfsportlern entsteht, resultiert aus wiederholenden Mikrotraumata der posterioren Kapsel mit Einblutungen und einer Schrumpfung und Verdickung der posteroinferioren Kapsel. Hieraus resultiert auch das wenig bekannte GIRD-Syndrom (glenohumeral internal rotation deficit), welches sich durch ein Innenrotationdefizit kennzeichnet und wiederum zu vermehrtem Stress auf den Bizepsanker und die umliegenden Strukturen durch eine Verlagerung des Drehzentrums nach posterosuperior mit entsprechenden Beschwerden fĆ¼hren kann. Die in der Regel konservative Therapie beinhaltet den sogenannten Ā«Sleeper StretchĀ», welcher nach Instruktion vom Patienten selber regelmƤssig durchgefĆ¼hrt werden kann. Hierbei liegt der Patient ausgestreckt auf der zu behandelnden Schulter und versucht mit der Gegenseite eine Innenrotation auszuĆ¼ben. In seltenen FƤllen ist ein operativer posteroinferiorer Kapselrelease notwendig [3,16].
Eine weitere Form ist die Schwimmer-Schulter, ein anteriores Impingement im Bereich des Coracoakromialen Ligament (CAL), welche durch einen Ć¼berstarken anterioren
M. Deltoideus und M. Pectoralis Major ausgelƶst wird. Auch hier zeigt sich in der Folge ein Innenrotationsdefizit bei Ć¼berstarker posteriorer Kapsel. Sie fĆ¼hrt zu subklinischer InstabilitƤt und anterioren LabrumschƤden. Oft begleitend findet sich eine Bizepstendinitis. Die Behandlung beinhaltet ein Dehnen der posterioren Kapsel, eine KrƤftigung der Aussenrotatoren und begleitende Ɯbungen zur CORE-Stabilisation [18].

SICK-Skapula-Syndrom

Neben den bekannten Formen der Skapuladyskinesie gibt es das sogenannte SICK-Skapula-Syndrom als Ā«ExtremformĀ» der Dyskinesie, bei dem es sich um ein funktionelles Problem handelt, welches als eine statische und dynamische Fehlhaltung des Schulterblattes mit entsprechender Malposition, inferomedialer Prominenz des Schulterblattes, Schmerzen am Coracoid und begleitender Dyskinesie und als ErmĆ¼dungs- und Ɯberlastungssyndrom beim Ɯberkopfsportler beschrieben wurde [19]. Die typische Trias beinhaltet einen Skapulatiefstand, eine Lateralverschiebung der Margo medialis und ein erhƶhter Abduktionswinkel im Seitenvergleich. Die Therapie der Wahl besteht in intensiver Physiotherapie, Stretching und gezielter KrƤftigung mit dem Ziel, die hintere Kapsel und die ventrale Brustmuskulatur zu entlasten [19].

MikroinstabilitƤt/MDI

Der Begriff der Multidirektionalen InstabilitƤt (MDI) besteht bereits seit 1980 und bezeichnet eine SchulterinstabilitƤt in mehr als eine Richtung [20]. Daneben existieren Beschreibungen wie HyperlaxizitƤt und HypermobilitƤt, die zu einer MikroinstabilitƤt und MDI fĆ¼hren kƶnnen und klinisch z.B. Ć¼ber den Beighton-Score (Tabelle 2) evaluiert werden, aber nicht zwangslƤufig ein Krankheitsbild darstellen und auch zum Teil vollkommen asymptomatisch sind und somit eine Normvariante darstellen. Eine Ɯberbeweglichkeit fĆ¼hrt nicht zwangslƤufig zu einer erhƶhten Verletzungsgefahr und ist insbesondere bei Kindern und hier vor allem MƤdchen hƤufig anzutreffen [21,22]. Bei der MDI handelt es sich meist um eine atraumatische InstabilitƤt, die zu funktioneller Dysbalance mit begleitender Rotatorenmanschettentendinitis fĆ¼hren und mit einer Skapuladyskinesie einhergehen kann [18]. Bei diesen Patienten sollte stets auch die Differentialdiagnose einer Kollagensynthesestƶrung in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn ein operatives Vorgehen geplant ist. Nicht selten treffen wir Patienten in der Praxis an, die schon diverse nicht zielfĆ¼hrende Schultereingriffe hinter sich Ā­haben, wo dann leider viel zu spƤt die Diagnose einer Kollagenopathie gestellt wird. Die Therapie beinhaltet, sofern keine strukturellen SchƤden vorliegen, intensivste Physiotherapie zur Zentrierung und Stabilisation [3].

Tab. 2: Beighton Score mit einer maximalen Punktzahl von 9 Punkten, je 1 Punkt fĆ¼r jedes Ā«JaĀ», als Anhalt fĆ¼r eine GelenksĆ¼berbeweglichkeit. Die Punktzahl fĆ¼r einen pathologischen Test ist altersabhƤngig.

Stressverletzung der proximalen Humerusepiphyse
(Little league shoulder)

Ein pƤdiatrisches Krankheitsbild, welches vor allem heranwachsende Jungen in Wurfsportarten betreffen kann, ist die sogenannte Little League Shoulder (LLS), eine Epiphysiolyse am proximalen Humerus, die einer Salter-Harris-Typ-1- Verletzung entspricht und durch repetitive Mikrotraumata entsteht. Radiologisch zeigt sich eine Weitung der Epiphysenfuge. Die Behandlung besteht in einer Sportpause von drei Monaten, Physiotherapie fĆ¼r die Verbesserung der ROM und SchulterkrƤftigung [23].

Thoracic outlet Syndrome

Hierbei handelt es sich um ein seltenes neuro-vaskulƤres Kompressionssyndrom im Bereich des SchultergĆ¼rtels, welches den Plexus brachialis und/oder die A. Subclavia betreffen kann. Ursache kƶnnen Halsrippen, eine Muskelhypertrophie (M. pectoralis minor) und auch die Kallusbildung nach Rippen- oder Klavikulafrakturen sein. Es kommt vor allem Ć¼berkopf zu einer Kompression der genannten Strukturen mit BlƤsse, Pulslosigkeit, DysƤsthesien, ErmĆ¼dung der Muskulatur und Schmerzen. Zur ErhƤrtung der Verdachtsdiagnose dienen verschiedene Provokationstests, die weitere Diagnostik erfolgt apparativ, zum Beispiel mittels Ā«StressĀ»-MR-Angiographie. In der Literatur werden vor allem Schwimmen und Baseball als Risikosportarten beschrieben. Die Therapie richtet sich nach der Ursache [24].

Zusammenfassung

Schulterschmerzen beim Sportler kƶnnen unterschiedlicher Genese sein, hƤufig handelt es sich nicht um offensichtliche Traumafolgen, sondern Ɯberlastungsprobleme, die durch gezieltes Training und regelmƤssiges Assessment vermeidbar sind. Sind die Beschwerden erst einmal vorhanden, braucht es neben intensiver Therapie manchmal auch ein operatives Vorgehen, um die Folgen zu behandeln. Entstehen Schulterbeschwerden durch ein Trauma ist je nach Schwere und Art sogar ein zeitnahes operatives Vorgehen fĆ¼r einen erfolgreichen Return to Sport notwendig. Wichtig ist, zwischen strukturellen SchƤden und Ɯberlastungsproblemen zu unterscheiden und gemeinsam mit den betreuenden Physiotherapeuten und dem Sportler einen optimalen Behandlungsplan zu erstellen und gemeinsam auch insbesondere bei Ɯberlastungsfolgen Prophylaxe zu betreiben.

Korrespondenz

Jana Jensen, Dr. med
ADUS Klinik
Breitestrasse 11, 8157 Dielsdorf
Phone: 044 854 64 90
Email: jana.jensen@adus-klinik.ch 

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