Sport im Alter bei Arthrose und nach ­Endoprothese

André Leumann
Behandlungszentrum Bewegungsapparat, Universitätsspital Basel, Basel, Schweiz

Abstract

Regular sports activity is not only healthy for cardiovascular and psychological reasons, but it is neither a risk factor for increased risk for osteoarthritis, except for posttraumatic osteoarthritis due to sports injuries. But there are few hints that excessice sports activity may lead to increased risk for osteoarthritis. Therefore, adapted and moderate sports activity can be recommended and should be promoted for osteoar­thritis or after total joint replacement of the lower extremity. This leads to increased functional and subjective outcome. High-impact sports types should not be recommended. Here, restrictions get weaker in the recent years and might become even less restrictive in future. Especially in total hip replacement, patients and studies showed that moderate jogging did not increase risk for failure. For total knee replacement and total ankle replacement, recommendations are more conservative.

Zusammenfassung

Regelmässige Sportaktivität ist nicht nur kardiovaskulär und psycho-sozial gesund, sondern stellt auch kein Risiko für vermehrte Arthrose dar, mit Ausnahme von Sport-Gelenksverletzungen. Es gibt jedoch gewisse Hinweise, dass exzessiver Sport häufiger zu Arthrose führt. Eine angepasste, moderate Sportaktivität soll bei Arthrose und Totalprothese an der unteren Extremität empfohlen und gefördert werden. Dadurch verbessert sich das funktionelle und subjektive Outcome. High-Impact-Sportarten werden generell nicht empfohlen. Auch wenn sich die Restriktionen hierzu in den letzten Jahren aufgeweicht haben und auch noch weiter aufweichen werden. Gerade in der Hüftprothetik zeigt sich, dass auch moderates Jogging ohne relevante Risikoerhöhung möglich ist. Noch etwas zurückhaltender zeigt sich das Bild bei Knie- und OSG-Prothesen.

Einleitung

Die Arthrose wird gemeinhin als Gelenksverschleiss bezeichnet. Sie betrifft rund 15% der Weltbevölkerung. Sport und Arthrose ist ein vieldiskutiertes Thema, zu dem nur wenig harte wissenschaftliche Fakten vorhanden sind. Verschiedene Themenkreise sind davon von besonderem Interesse. Diese sollen im vorliegenden Artikel diskutiert werden.
Auch wenn im vorliegenden Artikel Arthrose und Prothese gemeinsam diskutiert werden, so möchte der Autor vorausschicken, dass es vor der Implantation einer Totalprothese eine ganze Bandbreite konservativer und Gelenks-erhaltender operativer Therapiemethoden gibt. Diese sollen in diesem Artikel nicht besprochen werden, da sie sich für jedes Gelenk anders darstellen. Diese sollen jedoch unbedingt ausgenützt, ja forciert werden. Denn neben den positiven Effekten der Sportaktivität nach Prothesenimplantation gibt es auch eine Reihe operativer Risiken (Infektion, Lockerung, Luxation, persistierende Schmerzen), die nicht vergessen werden dürfen.

Arthrose – welche Gewebe sind davon betroffen und wie beeinträchtigen sie die Leistungsfähigkeit?

Die Arthrose wird oft als Abnützung des Gelenkknorpels beschrieben. Dies ist sicherlich ein Hauptbefund bei Arthrose. Gerade wenn es um Sportfähigkeit oder Leistungsfähigkeit geht, sollte aber beachtet werden, dass nicht nur der Knorpel von der Arthrose betroffen ist. Neben der Knorpeldegeneration kommt es dabei auch zu Veränderungen des Knochens (Sklerose, Osteophyten, Zysten), einer Kontraktur von Ligamenten und Kapsel und nicht zuletzt auch zu einer Muskelatrophie (Valderrabano et al., 2007). Dies ist aufgrund des «Joint as an Organ»-Konzepts schlüssig (Leumann et al., 2011). Es beschreibt, wie die Gelenkshomöostase versucht, die Funktionen einzelner Gewebe optimal aufeinander abzustimmen. Über die mechanische Gelenksbelastung wird der Steady State der Homöostase gesteuert. Und diese wird durch die Arthrose nachhaltig gestört. Damit sind alle gelenksbeteiligten Gewebe mitbetroffen.
Die Leistungsfähigkeit bei Arthrose ist dabei auf verschiedenen Ebenen gestört. Das arthrotische Gelenk hat eine höhere Reibung. Damit braucht es mehr Kraft, diese zu überwinden. Die Muskelatrophie (reduzierte Muskelintensität und verändertes Muskelaktivierungsmuster im EMG) reduziert ebenfalls die Leistungsfähigkeit. Die arthrotischen Schmerzen führen über den Wirkmechanismus der arthrogenen Muskelinhibition ebenfalls zu einer Kraftreduktion (Pietrosimone et al., 2014).
Die Leistungsfähigkeit bleibt auch nach Implantation einer Totalprothese zumindest wissenschaftlich eingeschränkt. In elektromyographischen Studien können dabei Veränderungen von Intensität und Frequenz nachgewiesen werden, welche auch 12 Monate nach endoprothetischer Versorgung nicht vollständig regredient sind (Valderrabano et al., 2007; Nüesch et al., 2014). Ein persistierender Frequenzshift deutet darauf hin, dass irreversible Veränderungen auf Niveau der Muskelfasern (Verlust an Typ II-Muskelfasern) bestehen bleiben.
Neben dem betroffenen Gelenk muss auch eine systemische Wirkung der Arthrose diskutiert werden. Verschiedene Biomarker (z.B. COMP) sind bei Arthrose im Blut verändert (Erhart-Hledik et al., 2012). Inwiefern diese einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit haben oder Ausdruck veränderter Leistungsfähigkeit sind, ist jedoch weitgehend unklar.

Führt Sport zu Arthrose?

Diese für den Sportmediziner entscheidende Frage kann nicht so einfach mit Ja oder Nein beantwortet werden. Zu unterschiedlich sind verschiedene Studienresultate, zu heterogen ist jedoch auch das Kollektiv «Sportler». Mehrere Aussagen können jedoch mit Sicherheit getätigt werden. Sportverletzungen, insbesondere Gelenksverletzungen (z.B. VKB-Ruptur, Meniskusriss, traumatischer Knorpelschaden, Tibiaplateaufraktur, Pilon tibial Fraktur), haben als Verletzung per se ein erhöhtes Arthroserisiko. Insofern haben risikoreichere Sportarten ein höheres Arthroserisiko. Das Arthroserisiko variiert in Abhängigkeit der gewählten Therapie, von der Komplexität der Verletzung, aber auch der nach der Verletzung ausgeübten Sportarten und der Sportintensität. Dennoch ist unabhängig davon durch das Unfallereignis per se das Arthroserisiko erhöht. Im Grossen und Ganzen fehlen prospektive Studien, welche belegen können, ob eine operative Therapie (z.B. bei VKB-Ruptur) im Vergleich zur konservativen Therapie zu weniger Arthrose führt, auch wenn man gestützt auf biomechanische Überlegungen dies postulieren müsste. Zum Beispiel indem die Normalisierung einer pathologischen Gelenksbiomechanik durch eine chirurgische Rekonstruktion Scherkräften, Kompensationsbewegungen, Fehlbelastungen und daraus resultierende weiterführende Schädigungen vermieden werden können. Auf der anderen Seite hat Sport einen Arthrose-protektiven Effekt. Regelmässiges Sporttreiben reduziert den BMI, führt zu dickerem Knorpel und verhindert den Verlust an Knorpelproteoglykanen. All dies sind wissenschaftlich belegte Faktoren, die Arthrose fördern können. Insgesamt ist die Literaturlage sehr heterogen mit Studien, die einen positiven, einen negativen oder keinen Einfluss von Sportaktivität auf das Arthroserisiko zeigen. Eine letztes Jahr publizierte Arbeit von Williams (2013) untersuchte prospektiv rund 90 000 Läufer und Walker in den USA. Dabei wurde eine signifikante Risikoreduktion für Hüftarthrose und Hüftprothesenimplantation für Läufer gefunden, auch wenn sie über 100 km/Woche trainierten. Auch für Gonarthrose konnte in der grossen Framingham-Studie kein Zusammenhang zu Sportaktivität nachgewiesen werden (Felson et al., 2007). Zu einem etwas anderen Resultat kamen Michaellson et al. (2011) bei einer Untersuchung am Vasaloppet, dem berühmtesten Langlaufrennen der Welt. Sie untersuchten mehr als 500 000 Läuferjahre und fanden, dass je mehr Rennen ein Läufer bestritt und je schneller er war, umso höher war sein Risiko, an fortgeschrittener Gon- oder Coxarthrose zu leiden. Tveit et al. (2012) fanden an einem Kollektiv von ehemaligen schwe­dischen Olympiaathleten ein signifikant erhöhtes Arthroserisiko­ für Hüfte und Knie (und auch für Hüft- und Knie-TP-­Implantation) um circa Faktor 2 abhängig von der ausgeübten Sportart. Die signifikante Erhöhung kam dabei aufgrund der Impact-Sportarten zu Stande. Non-Impact-Sportarten zeigten kein erhöhtes Arthroserisiko im Vergleich zu einem gematchten, nicht sportlich aktiven Kollektiv. Das Arthroserisiko für einen Sportler muss deshalb in Abhängigkeit von Sportart, Sportintensität und der Verletzungsgeschichte individuell betrachtet werden.

Ein zusätzlicher Aspekt ist in den jüngsten Jahren vermehrt in die Diskussion «Sport – Arthrose» eingeflossen. Seit der Beschreibung des Hüft-Impingements als Präarthrose durch Ganz et al. (2003) widmeten sich verschiedene Forschungsarbeiten der Frage, warum das Hüft-Impingement gehäuft bei Sportlern auftritt, insbesondere im Eishockey und im Fussball. Zwar findet man bei Querschnittsuntersuchungen (Reichenbach et al., 2010) in der Schweiz in 24% eine schwere Impingement-Konfiguration der Hüfte. Bei jugendlichen Eishockeyspielern (Durschnittsalter 17,6 Jahre) finden sich jedoch in 100% ein Labrumschaden und eine Impingement-Deformität (Philippon et al., 2011). Es wird vermutet, dass eine subakute Lenta-Form der Epiphysiolysis capitis femoris diesem Phänomen zu Grunde liegen könnte, ausgelöst durch hohe Gelenkskräfte und intensives, spezifisches Training in den Wachstumsjahren (Stull et al., 2011). Stull et al. beschrieben in ihrem Artikel, wie bestimmte Startbewegungen beim Eishockeysprint maximale Kräfte auf den Femur-Schenkelhals auslösen und damit für eine plastische Deformierung mitverantwortlich sein könnten. Auch wenn zu dieser Hypothese noch zu wenig Daten vorliegen, so könnte damit die Arthrosediskussion sport- und gesundheitspolitisch relevant werden. Wie viel und welcher Sport ist gesund für Jugendliche aus langfristiger Perspektive? Noch viel mehr aber ist dieser Punkt der entscheidende Ort, wo mit Prävention ein Effekt erzielt werden könnte. Wenn durch das Vermeiden von gewissen schlechten Bewegungen oder zusätzlichen Trainingsformen die Kräfte dieser schlechten Bewegungen neutralisiert werden könnten, wäre dies ein Durchbruch für die Gelenksgesundheit zukünftiger Athleten.

Welche Sportarten sind bei Arthrose oder ­prothetischem Gelenksersatz sinnvoll?

Wer entscheidet, welche Sportaktivität für ein arthrotisches oder künstliches Gelenk sinnvoll ist? Eindeutige Richtlinien gibt es nicht. Erfahrungsgemäss werden Vorschriften und Verbote von den Patienten nur bedingt eingehalten. Der Patient macht alles, was er möchte (Ollivier et al., 2014). Insbesondere wenn es keine Schmerzen verursacht. Und der Sportler oft auch alles, was er möchte, auch wenn es dabei oder danach schmerzt. Dabei korreliert die Sportaktivität nach Prothesenimplantation mit der Sportaktivität vor Operation. Ein Couch-Potato wird also auch durch eine Prothesenoperation nicht zum Spitzensportler.
Biomechanisch wird beim arthrotischen Gelenk die Dämpfungsfunktion gestört, Kräfte werden ungedämpft weitergelei­tet. Je schlechter die Kräfte gedämpft werden, umso mehr wird die Degeneration akzelleriert. Darum sollen hohe Impacts vermieden werden. Bereits beim Joggen wirkt das 4–5-fache Körpergewicht auf ein Hüftgelenk (Kraay and Goldberg, 2011). Andererseits erhält eine moderate Sportaktivität eine gute Muskelfunktion und eine gute Beweglichkeit. Beides Faktoren, die bei fortgeschrittener Arthrose verloren gehen. Deshalb sind dem Sportler mit arthrotischen Gelenksbeschwerden die gleichen Sportarten zu empfehlen, wie er sie nach erfolgtem künstlichen Gelenksersatz ausüben soll (Tab. 1).
Auch mit Hüft-, Knie- oder Sprunggelenksprothese sollen die Patienten angehalten werden, moderat sportlich aktiv zu bleiben. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass sportlich aktive Patienten die bessere Gelenksfunktion haben und die höhere Patientenzufriedenheit. Das hat sicherlich zum einen mit der Muskelfunktion zu tun. Die Arthrose führt zu einer Muskelatrophie. Diese ist auch 12 Monate postoperativ nur partiell regredient, das Frequenzmuster bleibt verändert (Valderrabano et al., 2007). Andererseits ist die bessere Gelenksfunktion auch auf soziale und psychologische Faktoren der regelmässigen Sportaktivität zurückzuführen.
Tabelle 1 stellt die wichtigsten Sportaktivitäten dar, inwiefern sie empfohlen werden können. Allerdings gibt es hier unter den Orthopäden nur wenig Konsens. Jeder Patient ist isoliert zu betrachten, denn konstitutionelle Voraussetzungen und anatomische Gegebenheiten im Operationssitus können stark variieren. Kurz zusammengefasst könnte man sagen, möglichst wenig Impact und wenig Rotationskräfte. Als Komplikationen befürchtet man die Prothesenluxation, Prothesenlockerung, periprothetische Frakturen und erhöhten Prothesenabrieb (v.a. beim Polyethylen).
Die Tatsache, dass viele Patienten auch mit Prothese sportlich aktiv bleiben wollen, hat sich zuletzt auch in der orthopädischen Literatur der Hüftprothetik niedergeschlagen, angeführt von den Anhängern des Hip Resurfacing (Hüft-Oberflächenersatzprothesen). Girard et al. (2013) haben Patienten untersucht, die regelmässig High-Impact-Sportarten betrieben haben (z.B. Jogging, Fussball, Tennis, Kampfsport, Basketball). Nach Hüft-TP-Implantation haben fast alle Patienten ihre Sportarten weitergeführt – unabhängig vom Impact der Sportart. Abe et al. (2014) fanden in ihrem Kollektiv von Hüftprothesenpatienten, dass 3,8% postoperativ das Joggen wieder aufgenommen hatten. Sie fanden über ein mittleres Follow-up von 5 Jahren keine negativen Effekte (Röntgenologische Zeichen für Lockerung, vermehrten Abrieb, Osteolysen und systemische Metall-Ionenbelastung). Harry Huber et al. (2012) präsentierte am SGSM-Kongress eine Arbeit mit sechs Patienten nach Hip-Resurfacing-Prothesenimplantation, welche wieder regelmässig Laufsport machten. Er konnte zeigen, dass sich die biomechanischen Faktoren zur Gegenseite weitgehend normalisierten. Insbesondere der Bewegungsrhythmik scheint eine Schlüsselfunktion zuzukommen, inwieweit eine Sportart wieder ausgeübt werden kann. Bei Ermüdung geht diese Rhythmik auch als Erstes verloren.
Genauso wie die Hüftprothetik die Vorreiterrolle bei der Prothesenentwicklung hatte – so sind die Hüftprothesenpatienten auch diejenigen, welche bezüglich Sportarten die Vorreiterrolle einnehmen. Knieprothesenpatienten und noch viel mehr Sprunggelenksprothesenpatienten sind bei den sportlichen Möglichkeiten stärker eingeschränkt.
Für Knieprothesenpatienten konnten Nüesch et al. (2013) kürzlich zeigen, dass es beim Skifahren sehr individuelle neuromuskuläre Muster der Gelenkskontrolle und Sportaktivität gibt, vermutlich basierend auf individuellen vorbestehenden Mustern. Dieser Tatsache ist insofern Rechnung zu tragen, wie die postoperative Rehabilitation diese individuellen Muster berücksichtigen muss.

Tabelle 1: Sportaktivität nach Hüft- und Knie-TP. Empfehlungen adaptiert nach Healy et al. (2008) und Baumfeld et al. (2011). Die umstrittenen Sportarten werden von vielen Orthopäden nicht empfohlen!

Was für einen Einfluss hat Sportaktivität auf die Prothese?

Bei Sportaktivität muss die Prothese eine hohe Belastung aushalten. Leichtes Joggen führt bei einer Hüft-TP zum 5-6-fachen Köpergewicht, stolpern zum 8-9-fachen Körpergewicht (Bergman et al. 1993), alpines Skifahren zum 8-fachen Körpergewicht (van den Boogert, 1999).
Von der Wirkung von Sport auf die Prothese ist sehr wenig bekannt. Von den gefürchteten Risiken bei Sportaktivität – Prothesenluxation, Prothesenlockerung, periprothetische Frakturen und erhöhten Prothesenabrieb – hat der Sport einerseits das erhöhte Risiko durch die erhöhte Belastung, andererseits jedoch auch die protektive Wirkung des Sports. Beim Sportler ist die Muskulatur stärker. Ein guter Muskelmantel schützt vor Prothesenluxationen. Sportler haben den stärkeren Knochen. Das schützt vor osteoporotischen Osteolysen und Prothesenlockerung. Das schützt auch vor periprothetischen Frakturen. Sportler haben ein geringeres Sturzrisiko im Alltag und damit einen zusätzlichen Schutz vor periprothetischen Faktoren. Dies alles gilt, wenn der Sport wie oben beschrieben moderat und vernünftig ausgeübt wird.
Der Friktionskoeffizient als Faktor für die Prothesenbelastung (Abrieb) nimmt bei Aktivität instantan zu, bei allerdings sehr grossen interindividuellen Unterschieden. Hier scheint die Synovia und die Gelenksflüssigkeit eine wichtige Funktion zu haben (Damm et al. 2013). Diese Reibung führt auch, wie an instrumentierten Prothesen in-vivo gemessen, zu einer Erwärmung der Prothese. Marschieren über rund 1 Stunde führt zu einer Erwärmung der Prothese im Kopf/Acetabulum-Bereich auf 41–43° (Bergmann et al., 2001). Damit muss man sich bewusst sein, dass eine sportliche Aktivität (z.B. Radfahren, Joggen) die Prothese soweit erwärmen kann, dass lokale Hitzenekrosen entstehen können.
Trotzdem scheint der Abrieb über einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren nach Prothesenimplantation nicht von der Aktivität oder der Anzahl absolvierter Schritte/Jahr abzuhängen, sondern korreliert viel mehr mit dem Durchmesser des Hüftprothesenkopfs. Der durchschnittliche Abrieb bei einem Polyethylen-Inlay beträgt rund 0.1–0.2 mm/Jahr (Sechriest et al., 2007). Der Abrieb bei Polyethylen-Keramik-Paarung ist sicher höher (ca. Faktor 10) als bei reiner Keramik-Keramik- oder Metal-on-Metal-Paarung. Die beiden anderen Paarungen haben jedoch relevante andere ­Einschränkungen (Keramik-Keramik: Brüchigkeit; Metal-on-Metal: Systemisch nachweisbare Metall-Ionenbelastung). Es gibt keine Studie, die eine eindeutige Überlegenheit einer Gleitpaarung gegenüber einer anderen für die Sportaktivität nachweist.

Gibt es Unterschiede zwischen Hüfte, Knie und Sprunggelenk?

Ja, Unterschiede gibt es. Die Gesamtresultate genauso wie die Fähigkeit zur Sportaktivität ist nach Hüft-TP-Implantation besser als nach Knie-TP-Implantation und besser als nach Sprunggelenks-TP-Implantation. Bei der Arthrose des Sprunggelenks ist der Wunsch nach intensiver Sportaktivität viel mehr eine relative Kontraindikation für die Implantation einer Totalprothese. Bei erhaltenem unteren Sprunggelenk (USG) führt die isolierte Arthrodese des oberen Sprunggelenks (OSG) zu einer sehr guten Funktion kurz- und mittelfristig und zu einer höhern Belastungsfähigkeit als nach Sprunggelenksprothesenimplantation. Die Patienten-basierte Beurteilung bezüglich Funktion zeigte keinen Unterschied zwischen OSG-Prothese und OSG-Arthrodese (Singer et al., 2013). In einer prospektiven Studie fanden Schuh et al. (2012) auch keine Unterschiede zwischen OSG-Prothese und OSG-Arthrodese hinsichtlich Sportaktivität und objektiver klinischer Gelenksfunktion. Biomechanisch, vor allem in der sagittalen Ebene, zeigte die OSG-Prothese jedoch Vorteile (Singer et al., 2013). Der Nachteil der OSG-Arthrodese ist das Risiko einer USG-Arthrose nach 10–15 Jahren als Folge der Überlastung der angrenzenden Gelenke (Coester et al., 2001). Hier ist sicher eine ausführliche individuelle Beratung wichtig. Bei den OSG-Prothesenträgern nehmen 56–76% nach Implantation wieder eine zumeist leichte bis moderarte Sportaktivität auf (Schuh, et al., 2012; Naal et al., 2009; Valderrabano et al., 2006). Diese Patienten zeigten auch die bessere klinische Fussfunktion und die bessere Patientenzufriedenheit (Naal et al., 2009) als nicht sportlich aktive Patienten.

Konklusion

Mit der immer älter werdenden Bevölkerung und den gestiegenen funktionellen Ansprüchen wird Sportaktivität und Arthrose und Prothetik ein Thema sein, dass uns die nächsten Jahre vermehrt beschäftigen wird. Veränderungen werden insbesondere darin zu erwarten sein, dass immer mehr ältere Leute immer anspruchsvollere Sportarten ausüben werden und damit auch die Limiten der Prothetik von einer neuen Seite austesten werden (was wiederum zu Verbesserungen in der Prothetik führen kann). Bei der Hüftprothetik hat dieser Prozess bereits begonnen.
Als zweiter Punkt wird die Prävention vermehrt in den Vordergrund rücken. Gerade bei den Arthrose-Ursachen, welche aufgrund einer falschen oder übermässigen Belastung in den Jugendjahren entstehen könnten, scheint ein präventiver Ansatz zumindest auf theoretischer Basis Sinn zu machen. Bis sich dies durchsetzen wird und eine Wirksamkeit auch wissenschaftlich gezeigt werden kann, wird es jedoch noch einige Zeit dauern.

Schweizerische Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie, Dezember 2014

Korrespondenzadresse

Dr. med. Dr. phil. André Leumann
Teamleiter Fuss&Sprunggelenk und Sport
Behandlungszentrum Bewegungsapparat
Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 21, 4031 Basel (Schweiz)
Tel.: +4161 265 2525, Fax: +4161 265 7829
aleumann@uhbs.ch

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