Original article

Einfluss der Belastungsdauer beim HIT-Krafttraining

Gail S, Maier S, Künzell S
Institut für Sportwissenschaft / Sportzentrum, Universität Augsburg

Abstract

High intensity training (HIT) is a variant of single-set training. It is becoming increasingly popular in strength training practice. Contrary to the large number of research on multiple-set training, empirical investigations addressing HIT are rare. There is evidence that an important factor for muscle hypertrophy is the muscle time under tension (TUT). However, scientific knowledge about the optimal length of the TUT is lacking. Therefore, the aim of the present study was to compare the effects of a rather short TUT (20–40 s) with a rather long TUT (50–70 s) during HIT strength training. Nine experienced recreational sportsmen completed a ten week HIT strength training either with the short or the long TUT. The participants performed a whole-body training program with nine strength exercises twice a week. After the intervention they showed significant improvements of 5-RM (p < 0.05; 0.780 ≤ η2 ≤ 0.906) for all strength exercises. The short TUT intervention group increased their strength performance by 20.6%–44.2%, whereas the long TUT intervention group improved by 12.3%–33.7%. There were no statistically significant differences between both intervention groups (p > 0.05; 0.007 ≤ η2 ≤ 0.340). With respect to body composition, the participants increased their body weight from pre- to posttest (p < 0.05; η2 = 0.515), which could be explained by the significant growth of muscle mass (p < 0.05; η2 = 0.634). Statistically significant differences between both intervention groups were not found for any of the investigated body composition parameters (p > 0.05; 0.039 ≤ η2 ≤ 0.123). In conclusion, the study verifies the high effectiveness of HIT strength training. Moreover, the results indicate that the TUT within a HIT strength training has no practically relevant effect, if the TUT amounts between 20–70 s until first concentric muscle failure.

Zusammenfassung

Das Hochintensitätstraining (HIT) ist eine intensive Variante des Einsatztrainings und erfreut sich zunehmender Beliebtheit in der Sportpraxis. Im Gegensatz zum Mehrsatztraining (MST) gibt es nur vereinzelt empirische Befunde zum HIT-Krafttraining. Beispielsweise wurde der Einfluss der Belastungsdauer innerhalb einer Serie (time under tension bzw. TUT) bislang nicht analysiert, obwohl speziell diesem Belastungsparameter eine hohe Relevanz für das Trainingsmotiv Muskelhypertrophie bescheinigt wird. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung bestand daher darin, die Effekte einer tendenziell kurzen TUT (20–40 s) und einer tendenziell langen TUT (50–70 s) beim HIT-Krafttraining gegenüberzustellen. Dazu absolvierten neun krafttrainingserfahrene männliche Freizeitsportler randomisiert ein zehnwöchiges HIT-Krafttraining entweder mit der kurzen TUT oder der langen TUT. Die Probanden führten zweimal pro Woche ein Ganzkörpertrainingsprogramm bestehend aus neun Kraftübungen durch. Bei den Posttests ergaben sich bei allen Kraftübungen signifikante Verbesserungen des 5-RM (p < 0,05; 0,780 ≤ η2 ≤ 0,906), die bei der Interventionsgruppe kurze TUT 20,6%–44,2% bzw. bei der Interventionsgruppe lange TUT 12,3%–33,7% betrugen. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Interventionsgruppen konnten dagegen nicht festgestellt werden (p > 0,05; 0,007 ≤ η2 ≤ 0,340). In Bezug auf die Körperzusammensetzung wiesen die Probanden bei den Posttests ein signifikant höheres Körpergewicht (p < 0,05; η2 = 0,515) auf, das durch eine signifikante Zunahme der Muskelmasse (p < 0,05; η2 = 0,634) erklärt werden konnte. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Interventionsgruppen zeigten sich bei keinem der zur Beurteilung der Körperzusammensetzung erfassten Parameter (p > 0,05; 0,039 ≤ η2 ≤ 0,123). Schlussendlich belegen die Untersuchungsergebnisse die hohe Effektivität des HIT-Krafttrainings und bestätigen somit vorherige empirische Befunde. Zudem deuten die Untersuchungsergebnisse darauf hin, dass die TUT im Rahmen des HIT-Krafttrainings keinen praktisch relevanten Einfluss hat, sofern sie sich im Bereich von 20–70 s bis zum ersten konzentrischen Muskelversagen befindet.

Einleitung

Die Optimierung der Körperzusammensetzung ist nicht nur im Leistungs- und Hochleistungssport von Bedeutung, sondern gilt auch im Gesundheits- und Fitnesssport als zentrales Trainingsmotiv. Eine Optimierung der Körperzusammensetzung kann durch den Aufbau von Muskelmasse (Muskelhypertrophie) und/oder den Abbau von Körperfett erreicht werden. Neben Ernährungsumstellung und Ausdauertraining kann besonders ein Krafttraining als wirksame Intervention zur Optimierung der Körperzusammensetzung angesehen werden.
Das sogenannte Hochintensitätstraining (HIT) ist eine spezielle Krafttrainingsmethode, die sich aufgrund hoher Effektivität und Praktikabilität zunehmender Beliebtheit erfreut [15,19]. HIT wird als intensive Variante des Einsatztrainings verstanden und stellt eine Alternative zum in der Sportpraxis noch dominierenden Mehrsatztraining (MST) dar [10]. HIT unterscheidet sich vom MST durch die geringere Trainingshäufigkeit (weniger Trainingseinheiten pro Woche), das geringere Trainingsvolumen (weniger Übungen pro Muskelgruppe und weniger Serien pro Übung) und die höhere Trainingsintensität [17]. Die höhere Trainingsintensität wird beim HIT durch den Einsatz von Intensitätstechniken sichergestellt, mit denen über den Punkt des konzentrischen Muskelversagens hinaus trainiert werden kann [10,17,19]. Ein weiteres HIT-Merkmal ist die bewusst kontrollierte und langsame Bewegungsausführung mit Betonung der exzentrischen Bewegungsphase [19]. Die Betonung der exzentrischen Bewegungsphase gilt als sehr wirksam für Muskelhypertrophie [10,12]. Mit der kontrollierten und langsamen Bewegungsausführung wird zudem die geringe Verletzungsgefahr beim HIT erklärt. Neben dieser geringen Verletzungsgefahr stellt die Zeitersparnis einen weiteren Vorteil von HIT dar, wodurch sich mehr Ressourcen für andere Trainingsinhalte ergeben und wenig verwunderlich ist, dass HIT sowohl im Freizeit- als auch im Leistungs- und Hochleistungssport inzwischen verbreitet und etabliert ist [15,17].
Im Gegensatz zum MST liegen zum HIT allerdings nur wenig empirische Befunde vor. Preuss [17] verglich HIT mit einem MST und konnte in einer Pilotstudie mit sechs Probanden eine Überlegenheit von HIT bezüglich Muskelhypertrophie bei sehr gut trainierten Freizeitsportlern feststellen. Gießing et al. [9] untersuchten verschiedene Trainingsintensitäten bei krafttrainingserfahrenen Männern. Hierbei konnte die hohe Effektivität von HIT hinsichtlich einer Verbesserung der Kraftleistung und einer Optimierung der Körperzusammensetzung belegt und die Trainingsintensität als zentraler Belastungsparameter im Krafttraining bestätigt werden. Die Probanden der beiden HIT-Interventionsgruppen, die sich durch den Einsatz differierender Intensitätstechniken unterschieden, erzielten stärkere Trainingseffekte als die Probanden der Interventionsgruppe mit dem weniger intensiven Krafttraining, das nur bis zu einer selbst festgelegten Wiederholungszahl und ohne den Einsatz einer Intensitätstechnik erfolgte. Interessante Erkenntnisse brachte auch die Untersuchung von Remmert et al. [19], bei der die Trainingseffekte zwischen einer und zwei HIT-Krafttrainingseinheiten pro Woche verglichen wurden. Bei krafttrainingserfahrenen Männern ergaben sich nach einer zwölfwöchigen Interventionsphase keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Kraftleistung und Körperzusammensetzung. Folglich scheint beim HIT ein einziger Trainingsreiz pro Woche ausreichend zu sein, um praxisrelevante Trainingseffekte zu erreichen. Aufgrund der besseren Belastungsverträglichkeit raten Remmert et al. [19] jedoch dazu, ein HIT-Krafttraining in Form eines zweimaligen Ganzkörpertrainings pro Woche zu realisieren.
Ein Belastungsparameter, der bislang selten Berücksichtigung in Krafttrainingsstudien fand, ist die Belastungsdauer innerhalb einer Serie, die als time under tension (TUT) bezeichnet wird [13]. Nach unserem Wissen liegt keine Untersuchung vor, bei der die TUT innerhalb eines HIT-Krafttrainings betrachtet wurde. Konträr zu dieser Sachlage wird der TUT eine hohe Relevanz für die Auslösung von Muskelhypertrophie bescheinigt [3,18]. Die TUT ergibt sich aus der Multiplikation der Wiederholungszahl einer Serie mit der Wiederholungsdauer [6]. Im Rahmen von HIT ermöglicht der Einsatz von Intensitätstechniken eine Verlängerung der TUT, wodurch mittels Maximierung der Rekrutierung motorischer Einheiten der trainingswirksame Reiz verstärkt wird [3,18]. Empfehlungen zur optimalen Gestaltung der TUT werden kontrovers diskutiert. Um Muskelhypertrophie zu gewährleisten wird zumeist eine TUT im Bereich von 20–70 s als adäquat angesehen, wobei die Spannweite der Angaben mit 6–180 s insgesamt recht breit ist [6]. Nach Eichmann et al. [6] beträgt die reale durchschnittliche TUT in der Sportpraxis ca. 45 s und liegt somit in der Mitte des empfohlenen TUT-Bereiches von 20–70 s.
Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, den ­Einfluss der TUT beim HIT-Krafttraining zu analysieren. Dazu sollen die Trainingseffekte zwischen einer kurzen TUT (20–40 s) und einer langen TUT (50–70 s) gegenübergestellt werden, wobei die TUT hier als Belastungsdauer bis zum ersten konzentrischen Muskelversagen innerhalb einer Serie verstanden wird. Damit wird der TUT-Bereich erfasst, der für Muskelhypertrophie praxisrelevant ist. Aus den Erkenntnissen sollen Trainingsempfehlungen für eine effektivere Gestaltung eines HIT-Krafttrainings abgeleitet werden.

Tabelle 1: Alter, Körpergrösse und Körpergewicht der Probanden (Mittelwert ± Standardabweichung).

Methoden

An der Untersuchung nahmen neun gesunde männliche ­Freizeitsportler mit mindestens 3 Monaten Krafttrainingserfahrung teil (Tabelle 1). Drei weitere Personen schieden krankheits- bzw. zeitmangelbedingt im Laufe der Interventions­phase aus und konnten nicht berücksichtigt werden. Das durchschnittliche Alter der Probanden betrug 35,2 ± 11,4 Jahre. Die mittlere Körpergrösse lag bei 179,2 ± 8,7 cm, das mittlere Körpergewicht bei 83,5 ± 11,0 kg. Alle Probanden nahmen freiwillig teil und gaben im Vorfeld ihr schriftliches Einverständnis. Sämtliche in der Untersuchung durchlaufenen Massnahmen wurden von der lokalen Ethikkommission der Universität Augsburg genehmigt.
Das Untersuchungsdesign sah eine zehnwöchige Interventionsphase mit einem HIT-Krafttraining vor, für das die Probanden randomisiert entweder der Interventionsgruppe kurze TUT (20–40 s) oder der Interventionsgruppe lange TUT (50–70 s) zugeteilt wurden. Unabhängig von der jeweiligen Interventionsgruppe, handelte es sich um ein Ganzkörpertrainingsprogramm mit den Kraftübungen Beinpresse, Beinstrecken, Bankdrücken, Butterfly, Rudern, Latziehen, Schulterdrücken, Bizeps-Curls und Trizepsdrücken, das zweimal pro Woche mit mindestens 48 Stunden Pause zwischen den Trainingseinheiten durchlaufen wurde. Die Interventionsgruppe kurze TUT wählte bei den Kraftübungen ein Trainingsgewicht aus, das innerhalb von 20–40 s zum ersten konzentrischen Muskelversagen führte. Als Intensitätstechnik kam das Rest-Pause-Training (RPT) zum Einsatz, bei dem die Wiederholungszahl bzw. die TUT erweitert werden kann, indem nach Eintritt des konzentrischen Muskelversagens eine kurze Pause erfolgt, bevor dann erneut bis zum konzentrischen Muskelversagen trainiert wird [9]. Diese kurze Pause betrug 10 s, dann wurde die jeweilige Kraftübung mit demselben Trainingsgewicht noch einmal bis zum konzentrischen Muskelversagen absolviert. Nach wiederum 10 s Pause wurde diese Vorgehensweise ein weiteres Mal wiederholt. Die Interventionsgruppe lange TUT unterschied sich lediglich dadurch, dass zu Beginn ein Trainingsgewicht herangezogen wurde, das innerhalb von 50–70 s zum ersten konzentrischen Muskelversagen führte. Die Prozedur beim RPT war dagegen identisch. Alle Kraftübungen wurden über den vollen Bewegungsumfang (range of motion bzw. ROM) ausgeführt. Die Bewegungsgeschwindigkeit wurde typisch für HIT auf 4 – 0 – 2 (exzentrisch – isometrisch – konzentrisch) festgelegt [10,15]. Die Pausendauer zwischen den Kraftübungen betrug 3 min. Im Untersuchungszeitraum führten die Probanden kein sonstiges Krafttraining durch. Mit Hilfe von Trainingsprotokollen wurden die einzelnen Trainingseinheiten dokumentiert. Um die Trainingseffekte zu analysieren, fand eine Diagnostik 7 Tage vor der Interventionsphase sowie 7 Tage nach der Interventionsphase statt. Bestandteile der Diagnostik waren die Erfassung der Kraftleistungen bei den eingesetzten Kraftübungen und die Bestimmung der Körperzusammensetzung. In Bezug auf die Erfassung von Kraftleistungen ist das Ein-Wiederholungsmaximum (1-RM) aufgrund der hohen Belastung für den Bewegungsapparat [1] und des grossen Verletzungsrisikos [4,11] im Gesundheits- und Fitnesssport ungeeignet [20], sodass zur Beurteilung der Kraftleistungen das Fünf-Wiederholungsmaximum (5-RM) mittels des Testprotokolls von Gail und Künzell [8] bestimmt wurde. Die Körperzusammensetzung konnte anhand der Parameter Körpergewicht in kg, Muskelmasse in kg, Muskelmasse in %, Körperfett in kg und Körperfett in % durch bioelektrische Impedanz mit einer Tanita BC-545N Segment-Körperanalysewaage (Tanita Europe B.V., Amsterdam, Niederlande) bestimmt werden. Bei einem Vorbereitungstermin wurden die Probanden mit den Test- bzw. Trainingsgeräten (Technogym Germany GmbH, Neu-Isenburg, Deutschland; KWK spol.s r.o., Horní B˘ríza, Tschechische Republik), dem Testprotokoll und dem Trainingsplan vertraut gemacht. Ausserdem erfolgte eine Instruktion in die korrekte Übungsausführung. Um eine Beeinflussung der Ergebnisse bei den Krafttests durch den Circadian Rhythmus [5,21] oder bei der Körperzusammensetzung durch ernährungsbedingte Schwankungen weitgehend zu vermeiden, fanden die Diagnostiktermine vor und nach der Interventionsphase zur gleichen Tageszeit statt (Toleranzbereich: ± 2 Stunden). Bei den Krafttests wurde zur Identifikation potenzieller Unterschiede des Ermüdungszustandes und der Motivation die physische und psychische Verfassung mittels eines selbst konstruierten Fragebogens dokumentiert. Dazu mussten die Probanden ihre Ermüdung und Motivation auf einer vierstufigen Skala angeben. Alle Tests wurden vom gleichen Untersuchungsleiter durchgeführt. Jeder Proband wurde individuell getestet und zu einer maximalen Leistung aufgefordert. Das Aufwärmprogramm bestand aus 5 min Radergometer mit 1 W/kg Körpergewicht bei 60–80 U/min und einer submaximalen Serie mit der entsprechenden Kraftübung (10 Wiederholungen mit 50% des geschätzten Zehn-Wiederholungsmaximums (10-RM)). Auf ein zusätzliches Dehnen wurde wegen der negativen Effekte auf die Kraftleistung [2,7,16] und der fehlenden Evidenz für die Verletzungsprophylaxe [14] verzichtet.
Die Datenanalyse erfolgte computergestützt mit Hilfe der Software IBM® SPSS® Statistics Version 23 (IBM® Corp., Armonk, NY, USA). Die Ergebnisse sind in Form von Mittelwerten und Standardabweichungen angegeben. Zur Identifikation der Trainingseffekte wurde nach Überprüfung der Voraussetzungen (Normalverteilung mittels Shapiro-Wilk-Test; Varianzhomogenität mittels Levene-Test) eine Varianz­analyse mit Messwiederholung und den Faktoren Messzeitpunkt (Prätest vs. Posttest) sowie Interventionsgruppe (kurze TUT vs. lange TUT) durchgeführt. Das a priori festgelegte Signifikanzniveau Alpha betrug 5%.

Ergebnisse

Aus den Tabellen 2 und 3 gehen die Untersuchungsergebnisse zu den Kraftleistungen hervor. Die Probanden konnten im Rahmen der Posttests bei allen neun Kraftübungen signifikante (p < 0,05) und praktisch äusserst relevante (0,780 ≤ η2 ≤ 0,906) Steigerungen der Kraftleistungen im Vergleich zu den Prätests verzeichnen. Dabei betrugen die Verbesserungen des 5-RM bei der Interventionsgruppe kurze TUT 20,6%–44,2% bzw. bei der Interventionsgruppe lange TUT 12,3%–33,7%. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Interventionsgruppen konnten dagegen nicht festgestellt werden (p > 0,05; 0,007 ≤ η2 ≤ 0,340).
Die Auswirkungen der HIT-Krafttrainingsintervention auf die Körperzusammensetzung kann den Tabellen 4 und 5 entnommen werden. Demzufolge wiesen die Probanden beim Posttest ein signifikant höheres Körpergewicht (p < 0,05; η2 = 0,515) als beim Prätest auf, das sich insbesondere durch die signifikante Zunahme der Muskelmasse (p < 0,05; η2 = 0,634) begründet. Während sich für die Interventionsgruppe kurze TUT eine durchschnittliche Steigerung der Muskelmasse von 0,9 kg (+ 1,3%) ergab, betrug die entsprechende Zunahme bei der Interventionsgruppe lange TUT im Mittel 1,5 kg (+ 2,4%). Beim Körperfett zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen Prä- und Posttest (p > 0,05; 0,007 ≤ η2 ≤ 0,039). In Hinblick auf die Körperzusammensetzung bestanden bei keinem der dazugehörigen Parameter statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Interventionsgruppen (p > 0,05; 0,039 ≤ η2≤ 0,123).

Tabelle 2: Deskriptive Statistik zu den Kraftleistungen (Mittelwert ± Standardabweichung).

 

Tabelle 3: Inferenzstatistik zu den Kraftleistungen.

Diskussion

Das Ziel der vorliegenden Untersuchung bestand darin, den Einfluss der TUT beim HIT-Krafttraining zu analysieren. Dabei stand mit 20–40 s (Interventionsgruppe kurze TUT) bzw. 50–70 s (Interventionsgruppe lange TUT) der TUT-Bereich im Fokus, der als praxisrelevant für die Auslösung von Effekten hinsichtlich Muskelhypertrophie gilt [6].
Wie von Toigo und Boutellier [22] diskutiert sowie von Marschall und Büsch [13] gefordert, wurden in der vorliegenden Interventionsstudie neben den gängigen Belastungsgrössen im Krafttraining (z.B. Serienzahl) auch weitere für die anvisierten Trainingsanpassungen relevanten Parameter (z.B. intraserielle Pause) präzisiert und kontrolliert. Insgesamt betrachtet, konnten sämtliche von Toigo und Boutellier [22] als für Krafttraining bedeutsam ausgemachte Parameter (Trainingsgewicht, Wiederholungszahl, Serienzahl, interserielle Pause, intraserielle Pause, Trainingshäufigkeit, Trainingszeitraum, Einzelwiederholungsdauer, Muskelaktionsdauer, TUT, Muskelversagen ja/nein, ROM, Pause zwischen den Trainingseinheiten und Kraftübungsform) berücksichtigt werden.
Zunächst bestätigen die Untersuchungsergebnisse vorherige empirische Befunde [9,17] und belegen die hohe Effektivität eines HIT-Krafttrainings mit der RPT-Intensitätstechnik bei krafttrainingserfahrenen Männern im Freizeitsport, die zuvor ein MST betrieben haben. Dies lässt sich aus den deutlichen Steigerungen der Kraftleistungen bei allen neun Kraftübungen sowie der Zunahme der Muskelmasse nach einer relativ kurzen Trainingszeit von 10 Wochen schlussfolgern. Als Erklärung kann die wesentlich höhere Trainingsintensität beim HIT im Vergleich zum MST herangezogen werden. Darüber hinaus weisen die Untersuchungsergebnisse darauf hin, dass die TUT im Rahmen eines HIT-Krafttrainings keinen praktisch relevanten Einfluss hat, sofern sie sich im Bereich von 20–70 s bis zum ersten konzentrischen Muskelversagen befindet. Folglich sollten Freizeitsportler subjektiv entscheiden, ob sie eine höhere Trainingslast mit kürzerer TUT oder eine niedrigere Trainingslast mit längerer TUT anvisieren, um möglichst starke Trainingseffekte zu erzielen. Zur definitiven Absicherung und Ableitung konkreterer Trainingsempfehlungen sind weitere Untersuchungen mit mehr Probanden sowie mit anderen Zielgruppen angezeigt.
Eine interessante Forschungsperspektive besteht in der Untersuchung der Trainingseffekte einer TUT, die deutlich über dem Bereich von 20–70 s liegt. Speziell im Rehabilitationssport wird aufgrund eingeschränkter Belastbarkeit des Bewegungsapparates der jeweiligen Personen eine längere TUT bei gleichzeitig geringerer Trainingslast gewählt. Sowohl für Gesundheitssportler als auch Rehabilitationspatienten bietet sich zudem eine Untersuchung zum Einfluss der TUT bei weniger intensiven Krafttrainingsmethoden wie dem HIT an. Dieser Personenkreis kann und/oder möchte häufig nicht die für HIT typische hohe Trainingsintensität aufbringen.

Tabelle 4: Deskriptive Statistik zur Körperzusammensetzung (Mittelwert ± Standardabweichung).

 

Tabelle 5: Inferenzstatistik zur Körperzusammensetzung.

Schlussfolgerung

  • Ein HIT-Krafttraining mit Einsatz der RPT-Intensitätstechnik stellt eine effektive Trainingsmethode zur Steigerung der Kraftleistung und zur Optimierung der Körperzusammensetzung bei trainierten Männern im Freizeitsport dar.
  • Die TUT scheint im Rahmen eines HIT-Krafttrainings keinen praktisch relevanten Einfluss auf das Ausmass der Leistungsverbesserung zu haben, sofern sie sich im Bereich von 20–70 s bis zum ersten konzentrischen Muskelversagen befindet.
  • Freizeitsportler sollten folglich eher nach ihren individuellen Vorlieben entscheiden, ob sie eine höhere Trainingslast mit kürzerer TUT oder eine niedrigere Trainingslast mit längerer TUT anvisieren, um möglichst starke Trainingseffekte zu erzielen.

Korrespondenzadressen

Dr. Sascha Gail
Assistent der Leitung des Sportzentrums
Universität Augsburg
Universitätsstrasse 3
86159 Augsburg
Tel.: +49 (0) 821 / 598-2827
sascha.gail@sport.uni-augsburg.de

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