Zryd Andrea
Athletiktrainerin Herren Swiss Ice Hockey
Nationalrätin
Präsidentin Swiss Coach

Zusammenfassung

Niemand sollte im Sport Gewalt, Diskriminierung, Mobbing oder Missbrauch erleben müssen – weder Athlet:innen, Trainer:innen noch Funktionär:innen. Niemand!

Abstract

No one should have to experience violence, discrimination, bullying or abuse in sport – not athletes, coaches nor officials. No one!

Der Bundesrat schuf 2023 verbindliche Vorgaben dazu mit folgendem Wortlaut: «Der Bundesrat stärkt den Schutz insbesondere von jungen Athletinnen und Athleten vor Gewalt, Diskriminierung und psychischen Persönlichkeitsverletzungen. In Zukunft hängen Finanzhilfen an Sportorganisationen von deren Anstrengungen zugunsten des fairen und sicheren Sports ab …» So wurden verschiedene Massnahmen getroffen und selbstverständlich stehen und standen wir Trainer:innen hinter diesem wichtigen Entscheid. Befremdlich ist, dass wir Trainer:innen meist mit keinem Wort erwähnt werden und die Thematik der Diskriminierung sich vorwiegend auf Athlet:innen beschränkt. Uns wird immer wieder versichert, dass das nicht so ist und trotzdem ist die Aussenwirkung klar und unser Berufsbild ist leider oft negativ behaftet.

Wo stehen die Schweizer Trainerinnen und Trainer?

Die Zusammenarbeit mit den Athlet:innen ist erfüllend und es ist wunderbar, diese zu begleiten und zu fördern. Trainer:innen sind Weggefährten; meist auf absehbare Zeit. Wer diesen Beruf wählt, fühlt sich berufen dafür. Entgegen der Meinung von vielen, üben Proficoaches nicht ein Hobby aus, sondern einen Beruf und leben mehr oder weniger gut davon. Die allermeisten sind sich ihrer pädagogischen und ethisch-moralischen Verantwortung bewusst – das schon seit jeher. Es gibt Fälle von Diskriminierung und Gewalt, die ganz klar verurteilt gehören und keinen Platz im Sport haben. Erstaunlich ist, dass Fälle, wo Coaches die Opfer von Mobbing und Diskriminierung waren, gar nicht erst thematisiert werden oder kaum auf dem Radar auftauchen. Auch wir wünschen uns (genauso wie Athlet:innen) Schutz vor Gewalt oder Diskriminierung.
Die Trainer:innen im Leistungsbereich sind mehrheitlich zufrieden in ihrem speziellen Berufsfeld. Einige Baustellen gilt es aber zu beheben und die sind nicht unwesentlich. Wir stehen in einem stetigen Konkurrenzkampf mit ausländischen Trainer:innen, die öfters zu Dumpinglöhnen eingestellt werden. Um nicht falsch verstanden zu werden: Der Austausch mit Coaches aus anderen Nationen ist wichtig und fördert den Sport und wir brauchen und wollen sie auch. Damit wir aber unseren Coaches Perspektiven bieten können, müssen wir zwingend folgende Probleme lösen:
– Karriereplanung und berufliche Perspektiven: Was gibt es für berufliche Anschlussmöglichkeiten nach einer Trainer:innen-Karriere?
– Arbeitsverträge, Löhne und Sozialleistungen: Löhne, die für den Lebensunterhalt reichen, und vernünftige Vorsorgeleistungen. Aktuell gibt es fast nur befristete Arbeitsverträge, keine Regelungen für Übersunden oder Nachtarbeit. Riesige Lohngefälle zwischen den Sportarten und dem Level sind unschön.
– Vereinbarkeit von Familie und Beruf und moderne Arbeitsmodelle: Wollen wir mehr Frauen im Berufsfeld, darf Schwangerschaft nicht zum automatischen Drop-out führen. Auch Männer wollen vermehrt ihre Familienzeit in Anspruch nehmen. Wir sind in der Pflicht, neue Arbeitsmodelle einzuführen. Mit dem Wissen, dass es nicht gleich funktionieren kann wie auf dem klassischen Arbeitsmarkt.

Grafik 1: Einkommen in olympischen und nicht olympischen Sportarten

Ausbildung und Fortbildung

Swiss Coach stützt die Entscheidung von Swiss Olympic, dass im Elitesport mehr Berufstrainer:innen gefordert sind. Denn genau diese geniessen nebst ihrem Erfahrungsrucksack eine solide und breite Ausbildung. In der Ausbildung von J+S und in der Trainerbildung werden pädagogische, soziale und berufsethische Themen immer wieder reflektiert. Coaches fühlen sich abgeholt und kriegen das nötige Vertrauen, auch in schwierigen Situationen vernünftige Lösungen zu finden. Wir sind überzeugt, dass lebenslanges Lernen wichtig ist, und freuen uns, dass vermehrt spezifische Weiterbildungsangebote geplant werden und eine regelmässige Fortbildung eingefordert wird. Das ist eine Qualitätssteigerung für unseren Berufsstand und stärkt uns massiv.

Wieso braucht es den Berufsverband Swiss Coach?

Wenn wir von «Safeguarding» sprechen, geht es darum, unsere Trainer:innen zu schützen und stützen. Zu wissen, dass bei Problemen und Fragen Gleichgesinnte hinter einem stehen, ist wertvoll und hat einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden und letztlich auch die psychische Gesundheit.
Wir sind die erste Anlaufstelle für Anliegen der Trainer:in im Leistungssport. Wir triagieren diese und unterstützen die Mitglieder zusammen mit unseren Partnern (Swiss Olympic und Trainerbildung Schweiz). Wir bieten juristische Unterstützung und helfen bei Lohnfragen und der Gestaltung von Arbeitsverträgen. Wir sind mit der Sport­politik und anderen Berufsverbänden vernetzt.
Wir möchten gerne noch stärker werden, um mehr bewirken können. So liegt es auf der Hand, dass wir analog zu den Athlet:innen einen Sitz im Exekutivrat von Swiss Olympic anstreben.
Es müsste Ehrensache sein, diesem anzugehören und vom Netzwerk zu profitieren. Es geht nicht um Händeschütteln, sondern darum, das Netzwerk aktiv zu nutzen, gemeinsame Interessen zu stützen und von renommierten Persönlichkeiten zu profitieren. Bei der Mitgliedschaft in einem Berufsverband geht es nicht nur um persönliches Wachstum. Es geht darum, Teil von etwas Grösserem zu sein. Ein Verband setzt sich für seine Mitglieder in wichtigen Fragen wie Standards, Ethik und Vielfalt ein. Wer Mitglied ist, wird treibende Kraft und gestaltet die Zukunft des Berufes mit.
Wir freuen uns, auch mit Organisationen wie SEMS in Kontakt zu kommen und Synergien zu nutzen. Zusammen stehen wir für fairen und leistungsorientierten Sport ein.

Korrespondenz

Andrea Zryd
Präsidentin Swiss Coach, Nationalrätin
Swiss Coach, Berufsverband Trainer
Leistungs- und Spitzensport Schweiz,
Magglingen, Schweiz
andrea.zryd@parl.ch

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