SEMS Education review

Christen Samuel1,2
1 Berit Klinik, Klosterstrasse 19, 9403 Goldach
2 Ostschweizer Kinderspital, Claudiusstrasse 6, 9006 St. Gallen

Zusammenfassung

Das Handgelenk ist im Sport eines der am häufigsten verletzten Körperteile, unabhängig von der Altersklasse. Die Verletzungsmuster des noch wachsenden Bewegungsapparates unterscheiden sich jedoch deutlich von den Verletzungen im Erwachsenenalter. Bei Kindern und Jugendlichen sind die Knochen elastischer, die knorpeligen Anteile der Gelenke höher und die Bandstrukturen sehr reissfest. Hinzu kommen Wachstumsfugen, die am Handgelenk ein besonders hohes Wachstumspotential aufweisen. Auf der einen Seite können fehlverheilte Frakturen so im Wachstum korrigiert werden, auf der anderen Seite kann eine Verletzung oder chronische Überbelastung der Fuge selbst zu einem Fehlwachstum oder einer radioulnaren Längendiskrepanz im Handgelenk führen. Bei der Beurteilung und Behandlung von Handgelenksverletzungen junger Athleten gilt es, diese Besonderheiten zu kennen und zu berücksichtigen.

Abstract

Wrists are among the most commonly injured body parts in athletes of all age-groups. However, injury patterns in pediatric athletes differ significantly from those in adults due to the anatomical particularities of the still growing musculoskeletal system. In children and adolescents the bones are more elastic, the cartilaginous proportions around the joints are higher and the ligaments are extremely tear-resistant. In addition, the growth plates of the distal radius and ulna have a very high growth potential. On the one hand, displaced fractures can hence be remodeled spontaneously during growth. On the other hand, an acute or chronic lesion to the physis itself can lead to a progressive deformity or radioulnar length-discrepancy of the wrist. Therefore, the wrist of the pediatric athlete merits special considerations for evaluation and treatment.

Keywords: Wrist injury, athletes, children, growth disturbance

Einführung

Sportliche Aktivitäten im Kindesalter sind in den letzten Jahrzehnten kompetitiver und insgesamt intensiver geworden. Oft betreiben die kleinen Athleten schon in jungen Jahren Leistungssport. Das noch wachsende und sich entwickelnde muskuloskelettale System ist dadurch teils hohen Krafteinwirkungen und Belastungen ausgesetzt. Als Folge haben sich die Verletzungsmuster in der pädiatrischen Sportmedizin geändert: Neben den typischen kindlichen Verletzungen sehen wir insbesondere am Handgelenk immer häufiger erwachsenen-spezifische Verletzungsmuster. [1] Dieser Artikel soll einen Überblick über akute und chronische Handgelenksverletzungen der heranwachsenden Athleten geben.

Anatomie des (kindlichen) Handgelenks

Wachstumsfugen stellen den wichtigsten Unterschied zum Skelett Erwachsener dar. Die Fugen der distalen Ulna und des distalen Radius sind sehr potent; sie tragen 80% zum Längenwachstum des Unterarms bei. [2] Damit bergen sie ein hohes Korrekturpotenzial und können fugennahe Frakturen im Laufe des Wachstums beeindruckend korrigieren (Abb. 1). Auf der anderen Seite können Wachstumsstörungen, insbesondere am Handgelenk, zu ausgeprägten Fehlstellungen oder radioulnaren Längendiskrepanzen führen.
Das Handgelenk besteht aus elf Knochen, die über mehrere Teilgelenke artikulieren. Bei Geburt sind die Handwurzelknochen und die Epiphysen des Radius und der Ulna nur als knorplige Anlagen vorhanden. Die Ossifikationskerne treten altersabhängig in einer festgelegten Sequenz auf [2](Abb. 2). Viele Verletzungen sind deshalb im konventionellen Röntgen nicht oder nur angedeutet zu erkennen. Erfahrung in Kinderradiologie ist für die Beurteilung unerlässlich, ein Röntgenbild der Gegenseite zum Vergleich ist nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Als ergänzende Bildgebung hat sich in den letzten Jahren neben dem MRI der Ultraschall in der pädiatrischen Traumatologie bewährt. [3]

Abb. 1: 10-jähriges Mädchen (Sturz im Schulsport) mit dislozierter distaler Radiusfraktur: A: Fehlverheilte Fraktur vier Wochen nach Unfall; B: Spontankorrektur nach einem Jahr.

Abb. 2: Entwicklung der Handwurzelknochen: A: Beim 2-jährigen Kind sind nur die Anlagen des Os capitatum und des Os hamatum ossifiziert. B: 11-jähriges Kind, altersabhängiges Auftreten der Ossifikationskerne.

Akute Handgelenksverletzungen

Distale Unterarmfrakturen

Die distale Radiusfraktur zählt in allen Altersgruppen zu den häufigsten Frakturen. [4] Während bei Erwachsenen Radiusfrakturen in >50% eine Gelenksbeteiligung besteht [5], sind intraartikuläre Frakturverläufe bei Kindern eine Rarität. Die Wachstumsfugen wirken zusammen mit den zum grossen Teil noch knorpligen Epiphysen als eine Art Stossdämpfer. Gleichzeitig lockern sich die Wachstumsfugen während eines Wachstumsschubs hormonell bedingt, sodass die Fugen selbst zu Schwachstellen werden.
Aufgrund der hohen Elastizität und des starken Periostschlauches dislozieren kindliche Frakturen meist nur wenig und sind relativ stabil. Bei reinen Wulstfrakturen ist eine Ruhigstellung mit einer Gipsschiene oder Handgelenksmanschette als primär analgetische Massnahme für 2–3 Wochen ausreichend.
Bei der klassischen Grünholzfraktur bricht, wie bei einem unreifen Ast, die konvexe Seite vollständig, während es auf der konkaven Seite nur zu Mikrofrakturen kommt. Aufgrund der asymmetrischen Knochenheilung kann es zu einer partiellen Pseudarthrose mit einem Refrakturrisiko von 20–35% innerhalb des ersten Jahres kommen. [2] Durch das (vorsichtige!) Brechen der Gegencorticalis kann diese Komplikation vermieden werden (Abb. 3).

Abb. 3: 14-jähriger Fussballer. A: Grünholzfraktur des distalen Radius. B: Durchbrechen der Gegencorticalis und Immobilisation in sogenannter «Schede-Stellung» (Flexion im Handgelenk) zur Sicherung der Reposition.

Das altersentsprechende Korrekturpotenzial muss bei der Behandlung dislozierter distaler Radiusfrakturen berücksichtigt werden. Eine dorsale Abkippung von bis zu 30° richtet sich bei unter 10-Jährigen zuverlässig im Laufe des Wachstums auf. Bei über 12-Jährigen darf nur noch mit einer Spontankorrektur von ca. 10° gerechnet werden, wobei die individuelle Knochenreife mitentscheidend ist. [6]
Isolierte Epiphysiolysen (Salter Harris I-Fraktur) des distalen Radius sind selten, meistens bricht ein metaphysäres Fragment mit aus (Salter Harris II-Fraktur). [7] Dieses sogenannte Thurston-Holland-Fragment kann, insbesondere bei nicht exakt seitlicher Projektion, als Stauchungsfraktur fehl­interpretiert und die Verletzung entsprechend unterschätzt werden (Abb. 4). Bei früher Reposition und adäquater Immobilisation ist erfahrungsgemäss selten eine zusätzliche Fixation mit Kirschnerdrähten notwendig.
Intraartikuläre distale Radiusfrakturen bei noch offener Wachstumsfuge (Salter Harris III- und IV-Frakturen) sind eine Rarität. In den letzten Jahren findet man aber vermehrt Fallberichte in der Literatur [8,9]. Zur Frakturbilanzierung ist in diesen Fällen eine Computertomographie zu empfehlen. Bei einer Gelenksstufe von >2 mm besteht wie beim Erwachsenen die Indikation zur operativen Versorgung
(Abb. 5).

Abb. 4: 7-jähriges Mädchen, Sturz im Skills Park. A: Unfallbild. B: Verlaufsröntgen nach 1 Woche mit nun besser erkennbarer Epiphysiolyse (Pfeil) und abgrenzbarem Thurston-Holland-Fragment (Stern).
Abb. 5: 16-jähriger Mountainbiker. A: Mehrfragmentäre Epiphysenfraktur Typ Salter Harris III in der Computer- tomographie. B: Arthroskopisch assistierte Verschraubung der Epiphyse.

In Analogie zur Monteggia-Verletzung am Ellenbogen (proximale Ulnafraktur mit Luxation des Radiuskopfes) dürfen Galeazzi-Verletzungen (distale Radiusfraktur mit Luxation des Ulnakopfes) am Handgelenk nicht übersehen werden. Die in der Regel nach dorsal luxierte Ulna wächst aufgrund des fehlenden Gegendrucks im Gelenk schneller als der Radius, was zu einer Ulnaüberlänge führt. Zudem kann dies einer der seltenen Fälle sein, bei denen eine Fehlstellung des Radius im Wachstum zunimmt [1] (Abb. 6). Die Folge ist eine progressive Bewegungseinschränkung, vor ­allem der Umwendbeweglichkeit. Spätkorrekturen sind aufgrund der veränderten Weichteilsituation und der Inkon­gruenz im distalen Radioulnargelenk (DRUG) sehr anspruchsvoll.

Abb. 6: A: Abgeheilte, nicht reponierte Galeazzi-Fraktur im Alter von 6 Jahren. B: Vorstellung im Alter von 12 Jahren mit zunehmender Fehlstellung und Bewegungseinschränkung.

TFCC-Läsionen

Verletzungen des TFCC sind bei Kindern insgesamt selten, werden aber immer häufiger vor allem im Zusammenhang mit Sportverletzungen diagnostiziert. [10] Wahrscheinlich gibt es eine gewisse Dunkelziffer, insbesondere als Begleitverletzung von distalen Radiusfrakturen. Man kann davon ausgehen, dass die meisten im Rahmen der Ruhigstellung der Fraktur folgenlos ausheilen. Eine DRUG-Instabilität steht in der Regel in Zusammenhang mit einem in Fehlstellung verheiltem Bruch und kann durch eine entsprechende Korrekturosteotomie behoben werden. [11]
Isolierte TFCC-Läsionen werden praktisch nur bei Jugendlichen diagnostiziert. [12] Bei anhaltenden ulnokarpalen Schmerzen nach einer Handgelenksdistorsion ist ein konsequentes Schonen und eine Immobilisation über 3–4 Wochen beziehungsweise bis zur Beschwerdefreiheit empfohlen. Bei persistierender Symptomatik über mehr als 6 Wochen wird in der Regel ein MRI veranlasst. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass MRIs bei Kindern in Bezug auf TFCC-Verletzungen in 50% falsch-negativ sind. [13] Alternativ kann eine diagnostisch-therapeutische Steroidinfiltration ulnokarpal erfolgen. Wenn aber eine DRUG-Instabilität besteht oder die Beschwerden nach der Infiltrationsbehandlung wiederkehren, empfiehlt sich eine Handgelenksarthroskopie.

Skaphoidfrakturen

Typischerweise bricht das Skaphoid bei Kindern am distalen Pol, wo es aufgrund der guten Durchblutungssituation zuverlässig und relativ rasch konsolidiert. In den letzten 30 Jahren beobachtet man aber immer häufiger Verletzungsmuster wie bei Erwachsenen mit Frakturverläufen im mittleren und proximalen Drittel und sogar komplexeren, dislozierten Frakturen [14,15] (Abb. 7).
Undislozierte Frakturen heilen in der Regel mit einer konsequenten Ruhigstellung im Gips innerhalb von 6–8 Wochen. Während bei Erwachsenen in mehreren Studien belegt wurde, dass kein Daumeneinschluss notwendig ist, wird bei Kindern mangels Datenlage weiterhin der klassische Skaphoidgips empfohlen.
Selbst bei konsequenter Ruhigstellung beträgt die Pseudarthroserate bei Kindern und Jugendlichen mittlerweile auch fast 10%. [16] Dies muss bei Sportlern, nebst der rascheren Rehabilitation nach einer Verschraubung des Skaphoids, beim Therapieentscheid mitberücksichtigt werden. In den meisten Fällen kann eine Kompressionsschraube minimal-invasiv über eine Stichinzision eingebracht werden.

Abb. 7: 13-jähriger Handballer. A: Mehrfragmentäre Skaphoidfraktur im konventionellen Röntgen. B: Deutliche Fehlstellung in mehreren Ebenen bei Frakturanalyse mittels Computertomographie erkennbar.

Chronische Handgelenksverletzungen/Überbelastungen

Gymnast wrist

Chronische Handgelenksschmerzen junger Turner sind mit einer Inzidenz von 46 bis 79% keine Seltenheit. [17] Die Handgelenke von Nachwuchsturnern, aber auch junger Sportler anderer Disziplinen wie Mountainbike, Motocross oder Kampfsportarten, müssen repetitive Schläge und hohe Druckbelastungen (teilweise mehrfachen Körpergewichts) in einer unphysiologischen Position aushalten. Insbesondere die axiale Belastung in voller Handgelenksextension und Pronation führt zu einem hohen Stress auf die distale Radius­epiphyse. Da Kinder, vor allem Mädchen, den Turnsport meist in jungem Alter beginnen, kann eine Schädigung der Wachstumsfuge zu einem relevanten Fehlwachstum im Handgelenk führen.
Seitenvergleichende Handgelenksröntgen sind bei der Abklärung gerechtfertigt, zumal die Gegenseite in gut einem Drittel mitbetroffen ist. [18] Zur differenzierten Beurteilung wird ein MRI empfohlen: Die ödematöse Aufweitung der Epiphysenfuge ist ein Frühzeichen für eine «Gymnast wrist» (Abb. 8). Im fortgeschrittenen Stadium zeigen sich zystische Veränderungen sowie eine metaphysäre Sklerosierung und Fragmentierung. Schliesslich führt die Destruktion der metaphysären Gefässe zu einer irreversiblen Schädigung mit frühzeitigem Fugenverschluss. Meistens ist die Fuge nur partiell betroffen, in der Regel im Bereich der Fossa lunata, der biomechanisch am stärksten beanspruchten Region des Handgelenks. [19] Die daraus resultierende Fehlstellung mit palmarer Angulation des Radius und relativem Ulnavorschub ähnelt einer Madelung-Deformität (Abb. 9). Seltener kommt es zu einem frühzeitigen Verschluss der gesamten Wachstumsfuge, woraus eine isolierte Ulnaüberlänge resultiert.

Abb. 8: 12-jährige Voltigiererin: Erhöhte Signalintensität im MRI im metaphysären Anteil der Epiphysenfuge (Pfeil). Zusätzlich Bone bruise im proximalen Skaphoidpol (Stern).
Abb. 9: A: 13-jährige Kunstturnerin mit vorzeitigen Wachstumsstopp des ulnaren Anteils der Radiusepiphysenfuge. B: Zufallsbefund einer Madelung-Deformität bei einer 15-jährigen Turnerin mit ulnokarpalen Schmerzen.

Um chronische Probleme zu vermeiden, ist eine frühe und konsequente Behandlung mit Immobilisation und Schonen erforderlich. Wenn bereits radiologische Veränderungen bestehen, wird eine Sportkarenz bis zur Normalisierung des Röntgenbildes empfohlen. Dies kann je nach Befund 4–8 Wochen dauern. Bei Beschwerdefreiheit sollen propriozeptive Übungen und ein langsamer Belastungsaufbau begonnen werden. Zurück im Sport ist es sinnvoll, initial stabilisierende Handgelenksbandagen zu tragen.
Wenn schon eine irreversible Schädigung der Wachstumsfuge besteht, kann durch eine Epiphyseodese (operatives Zerstören der Fuge) das Wachstum der distalen Ulna gebremst und eine Ulnaüberlänge allenfalls verhindert werden. Eine bereits bestehende, symptomatische Ulnaplus-Varianz ist durch eine Verkürzungsosteotomie korrigierbar. Bei einem komplexen Fehlwachstum des Radius muss eine mehrdimensionale Korrekturosteotomie durchgeführt werden (Abb. 10).

Abb. 10: Korrektur einer komplexen Fehlstellung des distalen Radius einer 16-jährigen Kunstturnerin. CT-basierte 3-D-Analyse und Planung. Resultat nach der durchgeführten Doppel-Korrekturosteotomie.

Differentialdiagnosen chronischer Handgelenksschmerzen

Die Differentialdiagnose chronischer Handgelenksschmerzen im Sport ist breit. Typischerweise sind ältere Kinder, vor allem Mädchen, betroffen.
Einschiessende Schmerzen über dem Handrücken, die unter Belastung mit extendiertem Handgelenk auftreten (z.B. Liegestützen), sind typisch für ein okkultes dorsales Handgelenksganglion. Die Diagnose kann sonographisch gestellt werden. Es ist immer noch ungeklärt, warum gerade diese kleinen, kaum sicht- und tastbaren Ganglien oft schmerzhaft sind. Eine mögliche Erklärung wäre eine Irritation des
N. interosseus posterior (PIN) durch die meist sehr pralle Zyste (Abb. 11). Primär kann eine diagnostisch-therapeutische Infiltration mit Steroiden versucht werden [20]. Weiterhin bleibt aber bei Kindern die operative Entfernung des Ganglions die Methode der Wahl. [21] Ob eine gleichzeitige Neurotomie des PIN sinnvoll ist, kann durch eine vorangehende Testinfiltration evaluiert werden.

Abb. 11: 15-jährige Cheerleaderin mit okkultem dorsalem Handgelenksganglion. Ultraschall: N. interosseus posterior (*) im Stiel des Ganglions (blauer Kreis). Intraoperativ: Nerv (gelber Pfeil) und Ganglion (blauer Pfeil).

Eine habituelle oder erworbene knöcherne Vorwölbung des 2. und/oder 3. Carpometacarpal-Gelenks, das sogenannte Carpal bossing, wird oft als dorsales Handgelenksganglion fehlinterpretiert. Die Ätiologie ist unklar, eine Assoziation mit intensiver sportlicher Aktivität aber häufig. Repetitive axiale Traumata (Kampfsportarten) oder eine hohe Zugbelastung über die an Metacarpale II und III inserierenden Handgelenksextensoren (Racket-Sportarten, Golf usw.) sind mögliche Erklärungen. [22] Bei einer chronischen Reizung kann sich zusätzlich ein Ganglion über dem entsprechenden Carpometacarpal-Gelenk bilden. Primär erfolgt ein konservativer Behandlungsversuch mit Immobilisation und Sportdispens. Bei rezidivierenden Beschwerden wird das Abtragen der knöchernen Vorwölbung empfohlen (Abb. 12).

Abb. 12: A: 12-jähriger Kunstturner mit einem traumatisiertem, schmerzhaften Carpal bossing. B: Intraoperativer Befund eines Carpe bossu mit Ganglion (oben). Befund nach der Knochenschlichtung (unten).

Eine weitere häufige Ursache chronischer Handgelenksschmerzen ist das ulnokarpale Impaktionssyndrom. Oft besteht eine Prädisposition aufgrund einer angeborenen Ulnaplus-Varianz. Eine sekundäre Ulnaüberlänge kann durch eine Wachstumsstörung im Rahmen einer Überbelastung (z.B. Gymnast wrist) oder nach einer Fraktur auftreten. Zur Beurteilung der Ulnavarianz ist eine korrekte Röntgenprojektion (90° Schulterelevation, 90° Ellenbogenflexion und Pronation) wichtig. [23] Unter dem Bildwandler kann beim Faustschluss und Ulnardeviation ein allfälliger dynamischer Ulnavorschub bei laxem DRUG dokumentiert werden [24](Abb. 13). Im MRI zeigt sich typischerweise ein lokalisiertes Knochenödem im ulnaren Anteil des Os lunatums und dem Os triquetrum, im fortgeschrittenen Stadium können degenerative Veränderungen des TFCC zu sehen sein. Als effektive Behandlung hat sich die Ulnaverkürzung bewährt. Wenn noch mehr als zwei Jahre Wachstum zu erwarten sind, kann eine Epiphyseodese der distalen Ulna zum Ausgleich der radioulnaren Längendiskrepanz führen. Kurz vor oder nach dem Fugenschluss wird eine Ulnaverkürzungsosteotomie empfohlen. Eine Verkürzung von 2 mm reduziert die axialen Belastung ulnokarpal um gut 40%. [25]

Abb. 13: A: Lokalisiertes Knöchenödem im ulnaren Os lunatum. B: Dynamischer Ulnavorschub beim Faustschluss.

Bei einem generalisierten Ödem des Os lunatums im MRI muss an eine aseptische Knochennekrose (M. Kienböck) gedacht werden. Insgesamt kommt die Lunatummalazie bei Kindern relativ selten vor, wird aber gerade im Zusammenhang mit starker sportlicher Belastung immer wieder beschrieben. [26] Ein flacher radioulnarer Winkel des Radius und/oder eine Ulnaminus-Varianz sind prädisponierende Faktoren. In der Regel kommt es mit einer konsequenten Immobilisation über 2–4 Monate zur Ausheilung. [27] Bei fortschreitender Erkrankung mit Fragmentierung des Lunatums wird bei Kindern primär eine temporäre Transfixation des STT-Gelenks mit Kirschnerdrähten empfohlen. Dadurch soll das Lunatum durch eine Kraftumleitung über die radiale Säule entlastet werden.

Zusammenfassung

Handgelenksbeschwerden und -verletzungen junger Sportler sind häufig und die Differentialdiagnose breit. Durch eine frühe, konsequente Behandlung lassen sich chronische Beschwerden oder Langzeitschäden, die oft durch Wachstumsstörungen bedingt sind, vermeiden.

Korrespondenz

Dr. med. Samuel Christen
Facharzt für Handchirurgie FMH/EBHS
Facharzt für Kinderchirurgie FMH

Berit Klinik für Handchirurgie und
­plastische Chirurgie, Goldach
Klosterstrasse 19, 9403 Goldach

Ostschweizer Kinderspital
Claudiusstrasse 6, 9006 St. Gallen

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