Original article

Der Zusammenhang von dynamischen und isometrischen Maximalkraftparametern und Muskelquerschnitt bzw. Muskelvolumen

Einfluss der Mess- und Analysemethodik auf den Zusammenhang zwischen der Maximalkraft und der Muskelmasse

K. Wirth1, E. Szilvas1, H. Hartmann1, A. Sander1, M. Keiner1, K. Atzor2
1 Institut für Sportwissenschaften Goethe-Universität Frankfurt am Main
2 Zentrum für Radiologie und Nuklearmedizin Wetterau

Summary

The aim of the study was the evaluation of the correlation between maximal strength and muscle mass depending on the kind of analysis which was used. Two different methods of strength evaluation and several morphological parameters were used. 77 male participants (age: 27,2 ± 6,6 years; body height: 179,9 ± 4,0 cm; body weight: 82,5 ± 10,4 kg) joined the study. Maximal strength was tested by measuring the isometric force (MIF) and analysing the one repetition maximum (1RM). The morphological data was captured by magnetic resonance imaging. The volume of the muscle (VOL), the biggest cross sectional area (QSMAX), the cross sectional area of the upper (QS30), middle (QS60) and lower (QS90) third of the scanned area of the arm flexors were examined. After analysing the data for normal distribution with the Kolmogorov-Smirnov-Test, the Pearson product moment correlation was used to quantify the correlation of the parameters. Significance level was set at 1%. The results of the study showed high correlations between the dynamic strength test and the morphological parameters (r = 0,77-0,82; p < 0,01) and moderate correlations between the isometric strength test and the morphological data (r = 0,46-0,53; p < 0,01). In addition, the two different parameters for maximal strength correlated moderately (r = 0,55; p < 0,01). The results of the study show that different morphological parameters can be used to describe the correlation between maximal strength and muscle mass. It should be recognised that the way of measuring maximal strength seems to be a substantial variable, which influences the apparent correlations.

Zusammenfassung

Ziel der Untersuchung war es, den Zusammenhang zwischen der Maximalkraft und der Muskelmasse unter Berücksichtigung unterschiedlicher Arten der Datenerfassung näher zu bestimmen. Es wurden hierfür zum einen zwei unterschiedliche Methoden der Maximalkrafterfassung herangezogen und diese mehreren morphologischen Kenngrös-sen gegenübergestellt. An der Untersuchung nahmen 77 Männer (Alter: 27,2 ± 6,6 Jahre; Grösse: 179,9 ± 4,0 cm; Gewicht: 82,5 ± 10,4 kg) teil. Die Maximalkraft wurde sowohl bei isometrischer (MIF) als auch bei dynamischer (1RM) Arbeitsweise der Muskulatur ermittelt, und die morphologischen Kenngrössen wurden anhand der Kernspintomografie erfasst. Analysiert wurden das Muskelvolumen (VOL), der grösste Muskelquerschnitt (QSMAX) und Querschnitte aus dem oberen (QS30), mittleren (QS60) und unteren Drittel (QS90) des untersuchten Bereichs der Armbeuger. Nach Überprüfung der Daten auf Normalverteilung durch den Kolomogorov-Smirnov-Test erfolgte eine Analyse des Zusammenhangs durch die Pearson-Produkt-Moment-Korrelation. Die Irrtumswahrscheinlichkeit wurde auf dem 1%-Niveau festgelegt. Die Untersuchung ergab hohe bis sehr hohe Zusammenhänge zwischen der dynamischen Maximalkraft und den morphologischen Daten (r = 0,77-0,82; p < 0,01) sowie mittlere Korrelationskoeffizienten zwischen der isometrischen Maximalkraft und den kernspintomografischen Daten (r = 0,46-0,53; p < 0,01). Auch zwischen den Arten der Maximalkrafttestung zeigt sich ein mittlerer Zusammenhang (r = 0,55; p < 0,01). Die Ergebnisse liefern Hinweise darauf, dass zumindest für die analysierte Muskelgruppe morphologische Parameter zur Abschätzung des Zusammenhangs zwischen Muskelmasse und Maximalkraft geeignet sind, allerdings die Art der Erfassung der Maximalkraft die Ergebnisse stark beeinflusst.

Einleitung

Der Zusammenhang zwischen dem Muskelquerschnitt bzw. der Muskelmasse und der Maximalkraft ist in zahlreichen wissenschaftlichen Quellen beschrieben (Alway et al., 1992; Baker et al., 1994; Brechue & Abe, 2002; Fukunaga et al., 2001; Häkkinen & Komi, 1985; Häkkinen et al., 1986; Ikai & Fukunaga, 1968, 1970; Maughan, 1984; Maughan et al., 1983) und findet in der Praxis zum Beispiel im Hinblick auf Wettkampfleistungen in den unterschiedlichen Gewichtsklassen des Gewichthebens seine Bestätigung (Stone et al. 2006; Zatsiorsky 1972, 1995). Die Zahl der Untersuchungen, in denen dieser Zusammenhang direkt analysiert wurde, ist jedoch gering. Da die Maximalkraft bei zahlreichen motorischen Aufgaben, insbesondere bei schnellkraftabhängigen sportlichen Leistungen, eine wesentliche Rolle spielt, ist mit Einschränkungen die Kalkulation darüber, wie bedeutend die Entwicklung des Muskelquerschnitts im Trainingsprozess für eine Sportart ist. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass in den meisten Sportarten relative Kraftwerte wichtiger sind als absolute. Die Maximalkraft im Sinne einer maximalen, willkürlichen Kraftleistung bleibt aber immer eine bedeutende Basisgrösse für jede von der Schnellkraft abhängigen Leistung, insbesondere wenn Kraftwerte bei der Beschleunigung hoher Lasten, wie zum Beispiel dem eigenen Körpergewicht, realisiert werden müssen (Delecluse, 1997; Häkkinen et al., 1985; Kaneko et al., 1983; Kawamori et al., 2006; Komi 1979; Murphy et al., 1994; Terzis et al., 2003). Nicht nur im Leistungssport, sondern auch als Präventivmassnahme spielt die Entwicklung eines stabilen Muskelkorsetts als Basis für gesteigerte Kraftleistungen, zum Beispiel für eine bessere Gelenksicherung im Alltag, eine bedeutende Rolle. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Möglichkeiten, sowohl die Maximalkraft zu bestimmen als auch die Muskelmasse einer Person abzuschätzen, stellt sich die Frage, in welchem Ausmass die Art der Analyse die Höhe dieses Zusammenhangs beeinflusst.
Die vorliegende Untersuchung soll Informationen liefern, die den Zusammenhang zwischen zwei Maximalkraftparametern und den unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Abschätzung der Muskelmasse besser beurteilbar machen.

Material und Methoden

An der Untersuchung nahmen 77 Männer (Alter: 27,2 ± 6,6 Jahre; Grösse: 179,9 ± 4,0 cm; Gewicht: 82,5 ± 10,4 kg) teil. Die Probanden rekrutierten sich aus Studenten des Instituts für Sportwissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main bzw. aus Freizeit- und Leistungssportlern unterschiedlicher Sportarten. Die institutionelle Ethikkommission des Institutes für Sportwissenschaften der Goethe Universität Frankfurt am Main erteilte die Genehmigung für diese Untersuchung. Alle Probanden führten zum Untersuchungszeitpunkt bereits seit mindestens einem halben Jahr ein regelmässiges Krafttraining durch. Dieses Kriterium sollte gewährleisten, dass bei der Durchführung der Krafttests eine willkürliche Aktivierung der Zielmuskulatur auf möglichst hohem Niveau gegeben war bzw. die Testübungen beherrscht wurden und somit Lerneffekte während der Testung weitestgehend ausgeschlossen werden konnten. Für die Analyse des Zusammenhangs zwischen den Maximalkraftparametern und der Muskelmasse wurden die Armbeuger herangezogen.
Die kernspintomografischen Untersuchungen zur Ermittlung des Muskelvolumens erfolgten am Magnetom Impact Expert der Firma Siemens; es wurden zwei einander überlappende Sequenzen mit einer Dauer von jeweils 9 Minuten und 42 Sekunden gefahren, dabei in jeder Sequenz 120 Schnitte erstellt. Hiervon kamen 96 Schnitte in die Auswertung. Die Schichtdicke betrug 1,67 mm. Daraus ergab sich ein Auswertungsbereich von 16,03 cm. Hierbei wurde ein Field of View von 245 x 280 mm gewählt. Die benutzte Matrix betrug 186 x 256 Bildpunkte bei einer Feldstärke von einem Tesla. Die selektierten Schnitte wurden mit der Siemenssoftware Magnetom Impact Expert (Version H SP CR VB 33 A) analysiert. Für die manuelle Auswertung der einzelnen Querschnitte wurde die relevante Muskulatur mit dem Mauszeiger umfahren, sodass die Software den Flächeninhalt des markierten Bereichs berechnen konnte. Anhand der Querschnittsdaten und der Schnittdicke wurde das Muskelvolumen im Auswertungsbereich ermittelt («manuelle computerassistierte Segmentation»). Als Referenzpunkt, um beide sich überlappenden Sequenzen zum Auswertungsbereich zusammenzufügen, diente der Ansatz des M. deltoideus an der Tuberositas deltoidea. Es wurden 36 Querschnittsflächen oberhalb und 60 unterhalb des Schnittpunktes ausgewertet. Dies hatte sich bei Vorstudien als beste Lösung herauskristallisiert, um einen möglichst grossen Bereich der Armbeuger erfassen zu können. Neben dem Muskelvolumen (VOL) wurden als weitere Kenngrössen für Abschätzung der Muskelmasse der grösste erfasste Querschnitt (QSMAX) und drei weitere Muskelquerschnitte im oberen, mittleren und unteren Drittel des Messbereichs ausgewertet. Hierfür wurden die Querschnitte Nummer 30 (oberstes Bild = Bild 1), Nummer 60 und Nummer 90 ausgewählt. Somit beschreiben diese drei Querschnitte (QS30, QS60, QS90) das untere Ende des jeweiligen Drittels. Diese Festlegung erfolgte in der beschriebenen Form, da im oberen Drittel die Querschnittsgrössen zunächst sehr gering waren und dadurch der zu erwartende relative Fehler bei der Auswertung höher einzuschätzen ist. Ausserdem wurde bei einem Ellenbogengelenkwinkel von 90° und maximal kontrahierten Armbeugern mit einem Massband der Muskelumfang (UMF) erfasst. Alle kernspintomografischen Auswertungen erfolgten am gestreckten Arm (180°). Mehrfachauswertungen erhobener Daten ergaben eine Test-Retest-Reliabilität für die Messung des Muskelvolumens von r = 0,99 (p < 0,01), der Muskelquerschnitte von r = 0,95 (p < 0,01) und der Messungen des Muskelumfangs von r = 0,98 (p < 0,01).
Das dynamische Kraftmaximum (1RM) wurde anhand der Übung Scottcurl im Sitzen ermittelt. Diese Übung wurde gewählt, da durch die sitzende Position und die auf einem gepolsterten Brett aufliegenden Arme die Möglichkeit, zur Bewältigung höherer Lasten, Ausweichbewegungen durchzuführen, auf ein Minimum reduziert werden kann. Dies gewährleistete, dass die Maximalkraft der Armbeuger weitestgehend isoliert erhoben werden konnte, was für eine möglichst gute Vergleichbarkeit mit den Messungen unter isometrischen Bedingungen besonders wichtig war. Es wurden in der Regel drei bis fünf Versuche benötigt, um das dynamische Maximum zu ermitteln. Hierbei konnte die Maximalkraft bis auf 2,5 kg genau bestimmt werden. Zwischen den einzelnen Versuchen lagen drei bis fünf Minuten Pause. Die Test-Retest-Reliabilität für die Bestimmung der dynamischen Maximalkraft lag bei r = 0,97 (p < 0,01).
Die isometrische Maximalkraft (MIF) wurde an einer eigens für diesen Zweck konstruierten Messvorrichtung durchgeführt. Der Arm wurde dabei in einem Ellenbogengelenkwinkel von 90° in der Apparatur platziert. Dies entspricht in etwa dem Winkel, in dem die Armbeuger ihre maximale Kraft entfalten können. Zahlreiche Studien ermittelten hierfür Winkel, die zwischen 80 und 100° lagen (Alway et al., 1990, 1992; Barstow et al., 2003; Edgerton et al., 1990; Knapik et al., 1983; Nosaka. & Newton, 2002; Tsunoda et al., 1993). Ober- und Unterarm mussten am Polster anliegen. Das Handgelenk wurde während der Messung in leichter Palmarflexion gehalten, da sich in Vorversuchen herausgestellt hatte, dass bei nichtflektierter Handgelenksstellung aufgrund der hohen Druckbelastung vermehrt Schmerzzustände im Gelenk auftraten. Jeder Proband erhielt drei Versuche, von denen der beste in die Auswertung aufgenommen wurde. Jede maximale Kontraktion dauerte zwei bis drei Sekunden. Zwischen den Einzelversuchen lagen zwei Minuten. Für die Erfassung der isometrischen Maximalkraft ergab sich ein Test-Retest-Reliabilitätskoeffizient von r = 0,92 (p < 0,01).
Die Überprüfung der Daten auf Normalverteilung erfolgte mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test. Das Ausmass des Zusammenhangs zwischen den erhobenen Parametern wurde mithilfe der Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson analysiert und der Variationskoeffizient und die Varianzaufklärung berechnet. Das Signifikanzniveau wurde für alle statistischen Verfahren auf p < 0,01 festgelegt. Der Klassifikation des Zusammenhangs lag folgende Einteilung zugrunde: 0 = keine Korrelation, 0 < |r| < 0,2 = sehr schwache Korrelation, 0,2 ≤ |r| < 0,4 = schwache Korrelation, 0,4 ≤ |r| < 0,6 = mittlere Korrelation, 0,6 ≤ |r| < 0,8 = starke Korrelation, 0,8 ≤ |r| < 1,0 = sehr starke Korrelation, 1 = perfekte Korrelation.

Ergebnisse

Die Analyse durch den Kolmogorov-Smirnov-Test war für alle Testparameter nicht signifikant, sodass für die Parameter von einer annähernd normal verteilten Datenstruktur ausgegangen werden konnte.
Die Daten in Tabelle 1 weisen darauf hin, dass es sich um ein recht heterogenes Kollektiv handelt, was durch die Abbildungen 1–3 verdeutlicht wird.
Alle Korrelationsberechnungen ergeben mittlere bis sehr starke Zusammenhänge zwischen den erfassten Parametern. Alle Korrelationen, die die isometrische Maximalkraft (MIF) mit einbeziehen, führen zu mittleren, alle anderen Berechnungen zu starken bis sehr starken Zusammenhängen (vgl. Tab. 2).

Tabelle 1: Mittelwerte (x¯), Standardabweichungen (s) und Variationskoeffizient (VarK) aller erhobener Daten innerhalb des analysierten Kollektivs (n = 77).

 

Tabelle 2: Ergebnisse der Zusammenhangsberechnungen zwischen den erhobenen Parametern.
Abbildung 1: Zusammenhang zwischen den beiden Maximalkraftparametern (r = 0,55).
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen der dynamischen Maximalkraft und dem Muskelvolumen (r = 0,82).
Abbildung 3: Zusammenhang zwischen der isometrischen Maximalkraft und dem Muskelvolumen (r = 0,52).

Diskussion

Die Aufmerksamkeit gilt zunächst den Maximalkraftdaten, da der Zusammenhang der dynamischen und der isometrischen Maximalkraft auf ein Problem hinweist, das sich in den Zusammenhangsberechnungen zwischen den Leistungsparametern und den morphologischen Daten konsequent widerspiegelt. Der mittlere Zusammenhang zwischen der dynamischen und der isometrischen Maximalkraft von r = 0,55 (p < 0,01) und einer daraus folgenden Varianzaufklärung von nur 30% zeigt, dass das methodische Vorgehen bei der Erfassung der Maximalkraft von grosser Bedeutung ist. Zwei Parameter, die inhaltlich dasselbe analysieren, nämlich den höchsten willkürlich erzeugbaren Kraftwert, sollten zumindest einen starken, eher einen sehr starken Zusammenhang aufweisen, wie dies von Schmidtbleicher (2003) postuliert wird. Schmidtbleicher (2003) gibt Korrelationskoeffizienten von r > 0,85 und für Leistungssportler sogar von r > 0,90 an. Demzufolge liegen die in dieser Untersuchung ermittelten Korrelationen deutlich darunter. Jedoch darf bei den in dieser Studie zur Anwendung gekommenen Messverfahren nicht von einer ungenügenden Erfüllung der Testgütekriterien ausgegangen werden, zumindest nicht in einem für jegliche Erfassung der Maximalkraft geltenden Ausmass. Diskutiert werden muss hier vielmehr ein allgemeingültiges Problem auf der Ebene der Validität von Maximalkraftmessungen, da die Kraftwerte durch unterschiedliche Rahmenbedingungen bei ihrer Erfassung beeinflusst werden. So lassen sich in Längsschnittstudien spezifische Anpassungen an ein Krafttraining belegen, die in erster Linie die Kontraktionsform (Carrol et al., 1998; Farthing & Chilibeck, 2003a; Farthing & Chilibeck, 2003b; Higbie et al., 1996; Hortobagyi et al., 1996a; Hortobagyi et al., 1996b Jones & Rutherford, 1987; Paddon-Jones et al. 2001; Seger et al., 1998; Seger & Thorstensson, 2005), die Bewegungsgeschwindigkeit (Akima et al., 1999; Behm & Sale, 1993; Caiozzo et al., 1981; Coyle et al, 1981; Kanehisa & Miyashita, 1983; Kaneko et al., 1983; Paddon-Jones et al., 2001; Poussen et al., 1999) und den bei isometrischer Testung gewählten Gelenkwinkel (Bandy & Hanten, 1993; Kitai & Sale, 1989; Knapik et al., 1983; Rasch et al., 1961; Rasch & Pierson, 1964) betreffen. Alle drei Einflussfaktoren spielen auch in dieser Studie bei der Datenerfassung eine Rolle. Während die isometrische Maximalkraft in einem festgelegten Gelenkwinkel von 90° erfasst wurde, die Bewegungsgeschwindigkeit 0 m/s betrug und gegen einen unüberwindlichen Widerstand gearbeitet wurde, wurde bei der dynamischen Maximalkraftbestimmung immer über einen festgelegten Gelenkwinkelbereich analysiert. Dabei betrug die Bewegungsgeschwindigkeit bei den mit der höchsten Last ausgeführten Versuchen in den die Übungsausführung limitierenden Gelenkwinkeln etwas über 0 m/s. Zudem wurde die dynamische Maximalkraft bei beidarmiger Arbeitsweise erfasst, während die isometrische Messung einarmig erfolgte. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die isometrische Messung an dem Arm erfolgte, der auch Gegenstand der kernspintomografischen Analyse war. Wie sich zeigt, liegen sämtliche Korrelationen der isometrischen Maximalkraft und der Muskelvolumen- bzw. Querschnittsdaten zum Teil deutlich unter den Korrelationskoeffizienten, die ermittelt werden, wenn die beidarmige dynamische Messung mit den morphologischen Daten in Zusammenhang gebracht wird. Für diese Unterschiede, die sich bei den verschiedenen Möglichkeiten ergeben, die Maximalkraft zu erfassen, darf das zentrale Nervensystem verantwortlich gemacht werden. Da das kontraktile Potenzial bei allen Messverfahren im selben Mass vorhanden ist, kann nur dessen Aktivierung durch das ZNS den limitierenden Faktor darstellen. Dass diese Aktivierungsfähigkeit davon abhängt, ob eine Testbedingung eine gewohnte motorische Aufgabe darstellt, zum Beispiel wenn die Test-übung der Trainingsübung entspricht, oder eine eher ungewohnte Belastungssituation darstellt, die sich zum Beispiel durch eine Veränderung der Kontraktionsform, der Bewegungsgeschwindigkeit oder des Gelenkwinkels bzw. des Gelenkwinkelbereichs, in dem getestet wird, ergeben kann, ist, wie bereits dargestellt, in zahlreichen Untersuchungen belegt worden. Da es sich in dieser Untersuchung um Probanden handelte, die ausschliesslich unter dynamischen Bedingungen trainierten, darf eine Aktivierung auf höherem Niveau bei der Erfassung der dynamischen Maximalkraft unterstellt werden. Man kann also festhalten, dass das muskuläre Potenzial bei isometrischer Messung nicht in gleichem Masse ausgeschöpft bzw. aktiviert werden konnte, wie dies unter dynamischer Arbeitsbedingung der Fall war. Einen Beleg hierfür liefern auch die im Folgenden dargestellten Korrelationsberechnungen zwischen den Maximalkraftparametern und den Muskelvolumen- und Muskelquerschnittsdaten.
Die Berechnung des Zusammenhangs zwischen den für die dynamische Maximalkraft ermittelten Werten und den kernspintomografischen Daten ergab durchgehend einen starken bis sehr starken Zusammenhang (r = 0,77–0,82; p < 0,01). Diese Ergebnisse unterstreichen die Rolle der Muskelmasse als wichtige Determinante der Maximalkraft. Da neben der Muskelmasse auch immer deren Ansteuerung durch das ZNS eine bedeutende Rolle für den letztendlich realisierten Kraftwert spielt, sind höhere Korrelationskoeffizienten nicht zu erwarten. Der Einfluss der Funktionsweise des ZNS wird bei der Betrachtung der deutlich geringeren Ergebnisse der Korrelationsberechnungen zwischen der unter isometrischen Bedingungen erfassten Maximalkraft und den Ergebnissen der Kernspintomografie (r = 0,46-0,53; p < 0,01) ersichtlich. Während die Varianzaufklärung bei der Gegenüberstellung der morphologischen Daten mit der isometrischen Maximalkraft zwischen 21% und 28% liegt, ergeben sich Werte zwischen 59% und 67% für den Zusammenhang mit der dynamischen Maximalkraft. Berücksichtigt man den Umstand, dass bei der isometrischen Maximalkraft der Kraftwert des Arms in die Berechnung eingeht, der auch der Analyse durch das bildgebende Verfahren unterzogen wurde, während bei der dynamischen Messung beide Arme für den ermittelten Maximalkraftwert verantwortlich sind, so scheint dies die Rolle der Arbeit des ZNS für die ermittelten Maximalkraftwerte in den unterschiedlichen Testbedingungen noch zu betonen.
Die unterschiedlichen Parameter, die aus den kernspintomografischen Daten erhoben wurden, ergaben alle vergleichbare Ergebnisse. Für den grössten ermittelten Muskelquerschnitt und die Volumenmessung zeigten sich sogar übereinstimmende Korrelationskoeffizienten (r = 0,82; p < 0,01), von denen die Werte der Querschnitte aus dem oberen, mittleren und unteren Drittel des analysierten Muskelbereichs nur unwesentlich abwichen (r = 0,77-0,82; p < 0,01). Allerdings muss hierbei einschränkend erwähnt werden, dass die Querschnittsdaten aus allen drei Bereichen bereits einen gut ausgeprägten Muskelquerschnitt repräsentieren. Querschnitte, die näher an Ansatz oder Ursprung der Armflexoren liegen und deren Fläche demnach geringer ist, dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit niedrigere Koeffizienten für die analysierten Zusammenhänge liefern, zumal davon auszugehen ist, dass bei kleinerer Querschnittsfläche der relative Messfehler zunimmt. Die Daten zeigen, dass Querschnitte über einen weiten Bereich des Muskelbauches hinweg aussagekräftige Ergebnisse über den Zusammenhang der Maximalkraft und der Muskelmasse ergeben. Dies muss jedoch immer in Abhängigkeit von der analysierten Muskelgruppe bzw. der Form der untersuchten Muskeln (Faserverlauf / Fiederung) neu bedacht werden. Auch ist anzumerken, dass die Heterogenität des Kollektives die Entstehung hoher Korrelationskoeffizienten begünstigt, was aber an den grundlegenden Aussagen dieser Untersuchungen nichts ändert.
Auch die Messung des Oberarmumfangs lieferte in dieser Untersuchung vergleichbar gute Ergebnisse wie die durch die Kernspintomografie erhobenen Daten. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass valide Aussagen, insbesondere wenn es sich um Längsschnittstudien handelt, dadurch erschwert werden, dass neben dem Ausprägungsgrad der Muskulatur auch der Körperfettanteil der getesteten Person in die Umfangsmessung mit eingeht. Wie dieser kann ebenso eine unterschiedliche Ausprägung der antagonistisch arbeitenden Muskulatur in einem untersuchten Kollektiv zu deutlich niedrigeren Korrelationskoeffizienten führen als in dieser Untersuchung. Dieses Problem besteht bei den bildgebenden Verfahren natürlich nicht.

Schlussfolgerung

Die vorgestellten Daten helfen, die Rolle des Muskelquerschnitts als wichtige Determinante der Maximalkraft besser zu beurteilen. Zudem liefern die Ergebnisse Hinweise darauf, dass über eine Ermittlung des Muskelquerschnitts, zumindest für die hier untersuchte Muskelgruppe, ebenso gute Resultate erzielt werden können, wie dies bei einer sehr viel zeitaufwendigeren Analyse des Muskelvolumens der Fall ist. Als sehr wichtig ist der Umstand anzusehen, dass die Art der Datenerhebung bei der Ermittlung der Maximalkraft einen grossen Einfluss auf die ermittelten Zusammenhänge hat. Unabhängig hiervon sollte der inhaltlich eher niedrig einzuschätzende Korrelationskoeffizient zwischen der dynamischen und der isometrischen Maximalkraft Anlass dafür sein, die Art der Kraftdiagnostik in der Therapie innerhalb präventiver Massnahmen und dem Leistungssport zu überdenken. Als allgemeiner Hinweis kann in diesem Zusammenhang die Aufforderung gelten, immer das zu testen, was auch im Training gemacht wurde. Hierbei liefert eine einfache Trainingsdokumentation in der Regel bereits viele nützliche Erkenntnisse. Auf eine unspezifische Testung sollte nur zurückgegriffen werden, wenn diese zur Klärung spezieller Fragestellungen erforderlich wird. Dies kann zum Beispiel gegeben sein, wenn Kraft-Zeit-Verläufe benötigt werden, die man bei der Bestimmung der dynamischen Maximalkraft nicht zwangsläufig erhält.

Korrespondenzadresse

PD Dr. phil. Klaus Wirth
Institut für Sportwissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Abteilung Trainings- und Bewegungswissenschaften
Ginnheimer Landstraße 39, 60487 Frankfurt / Main
Tel. 069 79824505, Fax 069 79824574
E-Mail: k.wirth@sport.uni-frankfurt.de

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