SEMS-journal

Prävalenz der Schulwegmobilität und des Spielens im Freien bei Kindergartenkindern in der Schweiz

Kühnis Jürgen1, Schmocker Eliane1, Bretz Kathrin2, Ferrari Ilaria2
1 Pädagogische Hochschule Schwyz
2 Pädagogische Hochschule Zürich

Abstract

Outdoor play and the daily way to school are considered as essential fields of experience for children to satisfy their motor needs, to gain increasing mobility and to establish social contacts. Although the kindergarten age is a central socialisation context in the active exploration of the environment, there have so far been only a few empirical findings on such activities of young children in Switzerland. Within the framework of a cross-sectional survey in the context of the MOBAK study, we therefore investigated how often 4-6 year olds (N = 1350, M = 5.7 years, SD = 0.57, 51.5% boys) practise these aspects of physical activity in their everyday life and wheter this outdoor play and active commuting differs depending on selected socio-demographic and regional characteristics. Overall, 67.0% of the children were physically active on their daily way to kindergarten and 59.0% played outdoors (almost) every day. The analysis shows that children from German-speaking regions, from urban communities and from parents who are active in sports were more likely to be physically active on their way to school. In addition, the frequency of outdoor play was also positively associated with the parents› level of sporting activity. The findings indicate that regional differences in mobility can already be detected at kindergarten age and that parents’ role model behaviour is also important for children’s mobility and playing outdoors.

Zusammenfassung

Draussen Spielen und der tägliche Schulweg gelten als wesentliche Erfahrungsräume, damit Kinder ihre motorischen Bedürfnisse ausleben, zunehmende Bewegungssicherheit erlangen und soziale Kontakte knüpfen können. Obwohl das Kindergartenalter einen zentralen Sozialisationskontext in der aktiven Erschliessung der Lebenswelt darstellt, liegen zu diesen Bewegungsaktivitäten von jungen Kindern in der Schweiz bislang wenig empirische Befunde vor. Im Rahmen einer Querschnittserhebung im Kontext der MOBAK-Studie wurde deshalb in drei Sprachregionen untersucht, wie häufig 4–6-Jährige (N = 1350, M = 5.7 Jahre, SD = 0.57, 51.5% Jungen) diese Formen der körperlichen Aktivität in ihrem Alltag praktizieren und inwiefern sich dieses draussen Spielen und Unterwegs-Sein in Abhängigkeit von ausgewählten, soziodemographischen und räumlichen Merkmalen unterscheidet. Insgesamt legten 67.0% der Kinder ihren Weg zum Kindergarten körperlich-aktiv zurück, und 59.0% spielten (fast) täglich im Freien. Die Analyse zeigt, dass Kinder aus der Deutschschweiz, städtischen Gemeinden und von sport­aktiven Eltern ihren Schulweg häufiger aktiv absolvierten. Zudem war auch die Häufigkeit des Spielens im Freien positiv mit dem sportlichen Aktivitätsgrad der Eltern assoziiert. Die Befunde deuten darauf hin, dass sich regional-bedingte Mobilitätsunterschiede bereits im Kindergartenalter manifestieren und für die Bewegung von Kindern im Alltag auch das elterliche Vorbildverhalten bedeutsam ist.

Schlüsselwörter: Kindergarten, Schulwegmobilität, Spielen im Freien, Wohnregion, Sportlichkeit der Eltern, Schweiz

Einleitung

Regelmässige Bewegung bildet eine Grundvoraussetzung für eine gesunde Entwicklung von Kindern [1–3]. Beim Ausleben ihres natürlichen Bewegungs-, Spiel- und Entdeckungsdranges in verschiedenen Erfahrungsräumen lernen Kinder sich und ihre Umwelt kennen [3]. Dabei stellt das Kindergarten- und frühe Grundschulalter eine zentrale Entwicklungsphase im Aufbau der motorischen Handlungsfähigkeit [4–5] und eines aktiven Lebensstils dar [1–3].
Um Kindern vielfältige Bewegungserfahrungen zu er­öffnen, sind Lerngelegenheiten wichtig, die in ihrer Lebenswelt eingebettet sind. Spielen im Freien und der Schulweg  (Abb. 1) gelten als solche Lernfelder, damit sich Heranwachsende ihre Umwelt bewegt erschliessen und mit anderen interagieren können [6–7]. Gemäss Forschungsbefunden fördert regelmässiges draussen Bewegen und Spielen nicht nur die körperliche Aktivität, sondern hat auch positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden, die Selbstwahrnehmung und soziale Entwicklung von Kindern [6,8–10]. Ein aktiver Schulweg bietet zudem Raum für selbstständiges Handeln und eine Möglichkeit, um die Tagesaktivität zu erhöhen und einen Beitrag zur Erfüllung der Bewegungsempfehlungen [11] zu leisten [12–15]. Befunde der nationalen SOPHYA-Studie [14] zeigen, dass Kinder, die ihren Schulweg aktiv zurücklegten oder mindestens einmal pro Woche Velo fuhren, im Querschnitt mehr aktive Minuten erreichten und auch im Längsschnitt aktivere Jugendliche waren. Zudem scheinen in der Schweiz ca. 20% der 6–12-jährigen Kinder für die körperlich-aktive Absolvierung des täglichen Schulwegs über 60 Min. zu benötigen und somit jedes 5. Kind dieser Altersgruppe die Mindestempfehlung zu erreichen [15]. Grundvoraussetzung für das Draussen- und Unterwegs-Sein ist die Verfügbarkeit von selbstständig nutzbaren Aktionsräumen. Je nach räumlichen Gegebenheiten (z.B. Verkehrsdichte), elterlichen Sicherheitsvorstellungen, Umweltwahrnehmungen und Erziehungsorientierungen können die Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt sein [6,12,15–19]. Als primäre Sozialisationsinstanz übernehmen Eltern auch eine Vorbildfunktion. Dabei gilt ihre Sportaktivität als wichtiger Einflussfaktor: Wenn Eltern Sport treiben, sind auch ihre Kinder aktiver [14,20,21]. Weitere bewegungsrelevante Bezugspersonen in der Herkunftsfamilie (z.B. als Spielpartner oder sportliche Vorbilder) stellen Geschwister dar [18,22].

Abb. 1: Der tägliche Schulweg ist ein wichtiger Lern- und Bewegungsraum (Foto: Christian Herrmann, PHZH)

Während in der Schweiz das Bewegungs- und Sportverhalten von Kindern und Jugendlichen im Schulalter aufgrund nationaler Erhebungen [14,20] gut dokumentiert ist, liegen zum Aktivitätsverhalten im Kindergartenalter und möglichen Einflussfaktoren nur wenige Studien vor [23,24]. Auch im Mikrozensus «Mobilität und Verkehr» [15] wurden bislang keine Daten zur Schulwegmobilität von Kindergartenkindern erfasst. Weiterführende Erkenntnisse zur Bewegungsaktivität von jüngeren Kindern in Abhängigkeit von soziodemographischen und regionalen Aspekten sind deshalb von wissenschaftlichem Interesse. Der vorliegende Beitrag setzt an diesem Forschungsdefizit an und untersucht, wie häufig Kindergartenkinder beim draussen Spielen und auf ihrem Schulweg körperlich aktiv sind und ob sich diese Bewegungsaktivitäten in Abhängigkeit ihres Geschlechts, Alters, der Anzahl Geschwister, der Wohn- und Sprachregion sowie der Sportlichkeit ihrer Eltern unterscheiden.

Methode

Stichprobe

Die Daten der vorliegenden Analyse stammen aus dem Forschungsprojekt «Monitoring motorischer Basiskompetenzen von 4- bis 8-jährigen Kindern in der Schweiz (MOBAK)» [25], welches in den Jahren 2020 und 2021 durchgeführt und von Gesundheitsförderung Schweiz und der Pädagogischen Hochschule Zürich finanziell unterstützt wurde. Obwohl es sich bei der MOBAK-Studie nicht um eine für die Schweiz repräsentative Stichprobe handelte, wurde in den Querschnittserhebungen sichergestellt, dass die drei Sprachregionen sowie städtische und ländliche Gebiete in der Stichprobe vertreten waren.
Nach der Genehmigung der Studie durch die involvierten Bildungsdirektionen erfolgte die Anfrage und Information der Schulleitungen und Kindergartenlehrpersonen durch die jeweiligen kantonalen Koordinatoren der Studie. Anschlies­send wurden die Eltern oder Erziehungsberechtigten von 2090 Kindergartenkindern mit einem Informationsschreiben kontaktiert. Von den angefragten Eltern gaben 1519 (72.7%) ihre Einwilligung für die freiwillige Teilnahme ihrer Kinder und füllten den beigelegten Eltern-Fragebogen aus. Die Altersgruppen wurden auf der Grundlage der Eintrittsdaten in den Kindergarten (1. Jahr: 55–67 Monate, 2. Jahr: 68–80 Monate) gebildet, um deutlich jüngere und ältere Kinder von der Studie auszuschliessen. Die Endstichprobe (Tabelle 1) umfasste 1350 Kinder (M = 5.7 Jahre, SD = 0.57, 51.5% Jungen).

Datenerhebung und -analyse

Die Datenerhebungen wurden im Frühjahr 2020 (Kanton Nidwalden) und 2021 (Kantone St. Gallen, Zürich, Tessin, Jura, Neuenburg, Fribourg und Bern) durchgeführt. Mittels eines Eltern-Fragebogens [26] wurden neben soziodemographischen Merkmalen u.a. auch die Schulwegmobilität der Kinder, die Häufigkeit des Spielens im Freien sowie Angaben zur Sportlichkeit der Eltern erfasst. Hierzu wurden die Eltern gefragt, wie ihr Kind in der Regel zum Kindergarten kommt (Antwortkategorien: zu Fuss, mit dem Fahrrad, Kickboard, Schulbus/ÖV, mit dem Auto) und an wie vielen Tagen pro Woche sich ihr Kind draussen zum Spielen bewegt (Antwortkategorien: 0 bis 7). Diese Variablen zu den Bewegungs­aktivitäten der Kinder wurden anschliessend jeweils in einer dichotomen Sekundärvariablen zusammengefasst: Kinder, die ihren Weg zum Kindergarten zu Fuss, mit Kickboard oder Fahrrad absolvierten, wurden als «körperlich-aktiv» und jene, die motorisiert (z.B. im Auto) oder teil-/motorisiert dorthin gelangten (z.B. Teilstrecke zu Fuss und mit Bus) als «teil-/motorisiert» kodiert. Das Spielen im Freien wurde in zwei Gruppen «0–3 Tage/Woche» und «4–7 Tage/Woche» unterteilt.
Die sportliche Selbsteinschätzung der Eltern umfasste zwei Fragen «Wie stufen Sie sich sportlich ein?» bzw. «Wie stufen Sie Ihre/n Partner/in sportlich ein?» (Antwortkategorien: 1 = Treibe praktisch keinen Sport, 2 = Treibe ab und zu Sport, aber eher unregelmässig, 3 = Bin regelmässig bis ca. 2 Std./Wo. sportlich aktiv, 4 = Bin sportlich sehr aktiv und treibe mehr als 2 Std./Wo. Sport). Die Kategorisierung der Siedlungstypen in «städtisch, intermediär oder ländlich» basierte auf der Stadt/Land-Typologie des Bundesamtes für Statistik (BFS) [27], wobei der Typ «intermediär» sowohl städtische wie ländliche Merkmale aufweist.
Die Fragebogendaten wurden in Papierform erfasst und mittels EvaSys (Electric Paper Evaluationssysteme GmbH, 2018) eingelesen. Anschliessend wurde der Datensatz bereinigt und mit SPSS (Version 27) analysiert. Für die Berechnungen wurden Chi-Quadrat-Tests durchgeführt und Zusammenhänge der zugrundeliegenden kategorialen Variablen mittels Cramers V überprüft, wobei Effektstärken von V = 0.1, V = 0.3 und V = 0.5 auf einem kleinen, mittleren bzw. starken Zusammenhang zwischen zwei Variablen hindeuten [28].

Ergebnisse

Schulwegmobilität

Wie die Analyse (Tab. 2) zeigt, legten knapp zwei Drittel der Kinder ihren täglichen Schulweg körperlich aktiv zurück und ein Drittel teil-/motorisiert. Zwischen den Geschlechtern konnten keine relevanten Mobilitätsunterschiede festgestellt werden. Ältere Kindergartenkinder (p < .05, V = .06) und Kinder aus Familien mit Geschwistern (p < .01, V = .08) bewältigen ihren Schulweg häufiger aktiv. Wenngleich sich eine gewisse Tendenz erkennen lässt, fallen die festgestellten Effektstärken zu gering aus. Es war jedoch ein höherer Aktivitäts­anteil in Zusammenhang mit dem Siedlungstyp
(p < .001, V = .15) und der Sprachregion (p < .001, V = .42) nachweisbar. Während in städtischen Gebieten drei Viertel der Kinder den Schulweg körperlich aktiv absolvierten, ­waren es in intermediären und ländlichen Gemeinden noch 62.4 bzw. 60%. Zudem sind Kinder der Deutschschweiz deutlich aktiver unterwegs als in der Romandie und im Tessin. Zudem scheint das Mobilitätsverhalten der Kinder auch in Zusammenhang mit der Sportlichkeit der Eltern zu stehen: Kinder aus einem sportiven Elternhaus absolvieren ihren Schulweg mit 75.4% deutlich häufiger aktiv (p < .001, V = .11) als von kaum aktiven Eltern. Dieser kleine Zusammenhang war aber nur bei Jungen (V = .17; Mädchen V = .06) von Relevanz.

Spielen im Freien

88.5% der Kinder (Tab. 2) spielten an mehr als drei Tagen pro Woche im Freien, davon war die Mehrheit (59 %) an 6–7 Tagen aktiv. Jungen (p < .05, V = .06), Kinder mit Geschwistern (p < .05, V = .07) sowie Kinder aus dem Tessin waren im Vergleich zu Kindern aus der Deutschschweiz (p < 0.5, V = 0.7) etwas häufiger draussen aktiv; aufgrund der zu geringen Effektgrösse sind diese Zusammenhänge aber nicht bedeutsam. Beim Siedlungstyp zeigte sich ein Unterschied zwischen städtischen und intermediären Gemeinden (p < .01, V = .11); dieser Zusammenhang war aber nur bei den Mädchen nachweisbar. Analog zur Schulwegmobilität zeigte sich jedoch (unabhängig vom Geschlecht) ein Zusammenhang mit der Sportlichkeit der Eltern: Kinder von sportaktiven Eltern spielten häufiger im Freien als Kinder aus einem weniger aktiven Elternhaus (p < .001, V = .12).

Diskussion

Gemäss einer gesamtschweizerischen Erhebung des Verkehrsclubs Schweiz aus dem Jahre 2016 absolvierten 75% der untersuchten 4–7-jährigen Kindergartenkinder ihren Schulweg körperlich aktiv, wobei sich dieser Anteil mit 83% in der Deutschschweiz, 67% in der Romandie und 49% im Tessin deutlich unterscheidet [29]. Im Vergleich zu dieser Referenzstudie fällt der Aktivitätsanteil der vorliegenden Analyse (Tabelle 2) mit 67.4% etwas tiefer aus, zeigt jedoch ähnliche, sprachregionale Unterschiede. Wenngleich in dieser Studie keine Angaben zur Wegdistanz erfasst wurden, könnten diese regionalen Disparitäten auf unterschiedlich lange Schulwegstrecken zurückzuführen sein, wie sie im nationalen Mikro­zensus «Mobilität und Verkehr» für das Primarschulalter belegt sind [15]. Gemäss dieser Studie umfassten die durchschnittlichen Ausbildungswege in der Deutschschweiz 1.8 km, in der Romandie 2 km und im Tessin 2.5 km. Weitere relevante Unterschiede bezüglich Schulwegdistanzen und Mobilitätsverhalten von 6- bis 12-jährigen Kindern verdeutlicht der Mikrozensus auch im Stadt-Land-Vergleich. In Schweizer Städten (Ø-Wegdistanz = 1.4 km) bewältigten rund 84% der Primarschüler ihren Schulweg aktiv, in der Agglomeration (Ø-Wegdistanz = 1.8 km) 80% und auf dem Land (Ø-Wegdistanz = 2.5 km) noch 71% [15]. Eine ähnliche Tendenz lässt sich in der vorliegenden Untersuchung bereits für das Kindergartenalter (Tab. 2) nachweisen: Während in urbanen Gebieten 75.8% der Kinder ihren Weg zum Kindergarten aktiv zurücklegten, waren es in intermediären und ländlichen Gemeinden 62.4 bzw. 60%. In der deutschen MoMo-Studie [30] lag die Prävalenz bei Kindergartenkindern bei 43.3% und es zeigte sich, dass Jungen in grossen Städten (39.5 %) signifikant häufiger zu Fuss unterwegs waren als in Kleinstädten (22.7%) und im ländlichen Raum (11%). Wenngleich bezüglich Wohn- und Sprachregion insgesamt nur ein kleiner bzw. mittlerer Effekt resultierte, deuten die Befunde darauf hin, dass sich regional-bedingte
Mobilitätsunterschiede bereits im Kindergartenalter zu mani­festieren scheinen. Für die Interpretation der festgestellten Mobilitätsunterschiede wären jedoch weiterführende Angaben zur Wegstrecke (Distanz, Dauer) und Wohnumgebung (z.B. Sicherheit, Verkehrsdichte und Zugang zu Spiel- und Grünflächen) wünschbar gewesen, wie sie beispielsweise in der SOPHYA-Studie erhoben wurden [14].
Wie die Befunde zudem verdeutlichten, spielte die Mehrheit der untersuchten Kindergartenkinder regelmässig im Freien. Im Durchschnitt waren die Kinder 5.6 Tage pro Woche (SD = 1.5) draussen aktiv. Ein ähnlicher Durchschnittswert von 5.8 Tagen (SD = 1.7) ist für Kindergartenkinder in einer nationalen Erhebung in Deutschland belegt [31]. Zudem spielten laut Ergebnissen der MoMo-Studie 91% der 4- bis 5-Jährigen (Mädchen 89.0%; Jungen 92%) an mehr als drei Tagen pro Woche im Freien [32]. In unserer schweizerischen Studie liegt dieser Wert bei 88.5% (Mädchen 86.6%; Jungen 90.3%). Obwohl sich insgesamt nur ein kleiner Effekt zeigte, war die Häufigkeit des Draussen-Spielens sowie eine aktive Wegbewältigung zum Kindergarten auch positiv mit der Sportlichkeit der Eltern assoziiert. Ergänzend zu anderen Studienbefunden scheint die Sportlichkeit der Eltern nicht nur ein wichtiger Einflussfaktor für das Sportverhalten der Kinder [14,20,21] darzustellen, sondern auch für weitere Bewegungsaktivitäten relevant zu sein.


Die Förderung eines aktiven Mobilitätverhaltens und des Spielens im Freien setzen ein kinderfreundliches Lebensumfeld und selbstständige Entfaltungsmöglichkeiten voraus. Da Kinder im Vorschulalter noch einen kleinen Aktionsradius besitzen, ist vor allem die unmittelbare Nachbarschaft von besonderer Bedeutung. Studienbefunde [6,12,14,16–19] zeigen konsistent, dass Kinder mehr im Freien spielen und sich aktiver fortbewegen, wenn die Wohnumgebung bewegungsfreundlich gestaltet ist und Kinder nicht ständig von Erwachsenen beaufsichtigt werden. Die Schaffung von kindgerechten Bewegungsräumen im Siedlungsgebiet [6,9,11,14–18) wie z.B. Grünflächen, naturnahe Spielplätze, Park- und Schulanlagen, verkehrsfreie Zonen und sichere Schulwege erfordern entsprechende Massnahmen auf politischer Ebene. Hierzu liegen beispielsweise für die Planung und Gestaltung von kindgerechten Spielräumen sehr gute Orientierungsgrundlagen vor [33,34]. Gleichzeitig gilt es auch die systematische Verankerung von bewegten Kindergarten- und Schulprofilen (z.B. das Projekt «Purzelbaum», http://www.purzelbaum.ch) weiter voranzutreiben.
Bei der Einordnung der vorliegenden Befunde ist zu beachten, dass die Angaben auf der Selbstauskunft der Eltern beruhen und Effekte der sozialen Erwünschtheit nicht auszuschliessen sind. Da die Ergebnisse auf Querschnittsdaten basieren, können zudem keine kausalen Zusammenhänge abgeleitet werden. Durch die von 2022 bis 2025 laufende nationale EMOKK-Längsschnittstudie (Entwicklung motorischer Basiskompetenzen in der Kindheit; Projektleitung PHZH) werden weiterführende Analysen und Erkenntnisse zur Schulwegmobilität und dem Spielen im Freien im Verlauf des Kindergarten- und Primarschulalters möglich sein; u.a. wie sich das diesbezügliche Bewegungsverhalten und die festgestellten Zusammenhänge in dieser Zeitspanne verändern und ob Kinder, die regelmässig draussen Spielen und aktiv unterwegs sind, die offiziellen Bewegungsempfehlungen besser erfüllen als diesbezüglich weniger aktive Kinder.

Schlussfolgerungen

Im Kindergartenalter wird ein wichtiger Grundstein gelegt, um gesundheitsbewusste Verhaltensweisen zu etablieren und den weiteren Lebensweg positiv zu beeinflussen. Neben der Teilnahme an organisierten Kindersportangeboten tragen in dieser Lebensphase auch informelle Bewegungsaktivitäten wie das Spielen im Freien und eine aktive Bewältigung des Schulwegs zur Förderung der körperlichen Aktivität und Gesundheit von Kindern bei. Für die Ausübung solcher Bewegungsformen im Kindergartenalter scheinen neben den re­gio­nalen Rahmenbedingungen auch das bewegungsbezogene Vorbildverhalten der Eltern relevante Kontextfaktoren darzustellen.

Dank, Interessenkonflikt und Finanzierung

Die Autoren bedanken sich herzlichst bei allen, die an der Studie parzipierten Schulen, Lehrpersonen, Kindern und deren Eltern. Das MOBAK-Projekt wurde von Gesundheitsförderung Schweiz und der Pädagogischen Hochschule Zürich finan­ziell unterstützt. Es besteht kein Interessenkonflikt, da die Geldgeber keinerlei Einfluss auf die Gestaltung der Studie, Erhebung, Analyse oder Interpretation der Daten hatten.

Korrespondenz

Prof. Dr. Dr. Jürgen Kühnis
Pädagogische Hochschule Schwyz
Zaystrasse 42, 6410 Goldau
Tel.: +41 41 859 05 90
E-Mail: juergen.kuehnis@phsz.ch

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