SEMS-journal

Qualität in der Sportpsychologie – 50 Jahre im Dienste des Schweizer Sports

Seiler Roland1, Scherler Viviane2
1 Institute of Sport Science, University of Bern, Bern
2 Scherler Pro Consulting GmbH, Basel

Abstract

Sport psychology in Switzerland looks back on a history of over 50 years. Founded in 1969 as a loose working group, the Swiss Association for Sport Psychology SASP became an association in 1987. The focus was on supporting athletes in their performance, but also on questions of rehabilitation and health sport. Reports about dubious practices of self-proclaimed mental coaches brought the question of high-quality psychological counselling into focus. An adaptation of Donabedian’s quality management model (1966) and the analysis of the required competences led to the development of a curriculum and in 2005 to the creation of the specialist title for sport psychology by the FSP. Continuing education courses are offered by the Universities of Bern and Lausanne. Graduates are qualified to work independently and competently in sport psychology with individuals and groups in the field of sport and physical activity. Today, sport psychologists perform numerous tasks in the support system of Swiss sport. With its broad range of services in a wide variety of sport areas, sport psychology will continue to be able to generate added value for practitioners and make an important contribution to Swiss sport in cooperation with sport medicine.

Zusammenfassung

Die Sportpsychologie in der Schweiz schaut auf eine über 50-jährige Geschichte zurück. Gegründet 1969 als eine lose Arbeitsgemeinschaft, wurde die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie SASP 1987 zu einem Verein. Die Unterstützung von Athletinnen und Athleten bei der Leistungserbringung, aber auch Fragen der Rehabilitation und des Gesundheitssports standen im Mittelpunkt. Berichte über unseriöse Praktiken von selbsternannten Mentaltrainern rückten die Frage nach qualitativ hochstehender psychologischer Beratung in den Mittelpunkt. Eine Adaptation des Qualitätsmanagement-Modells von Donabedian (1966) und die Analyse der erforderlichen Kompetenzen führten zur Entwicklung eines Curriculums und 2005 zur Schaffung des Fachtitels für Sportpsychologie durch die FSP. Weiterbildungsstudiengänge werden von den Universitäten Bern und Lausanne angeboten. Absolventinnen und Absolventen werden zur eigenständigen, selbständigen und kompetenten sportpsychologischen Tätigkeit mit Individuen und Gruppen im Handlungsfeld Sport und körperliche Aktivität befähigt. Heute nehmen Sportpsychologinnen und Sportpsychologen zahlreiche Aufgaben im Betreuungssystem des Schweizer Sports wahr. Mit ihrem breiten Angebot in verschiedensten Sportbereichen ist die Sportpsychologie auch in Zukunft in der Lage, einen Mehrwert für die Praxis zu generieren und in Zusammenarbeit mit der Sportmedizin einen wichtigen Beitrag im Schweizer Sport leisten zu können.

Strukturelle Entwicklung der Sportpsychologie

Die Sportpsychologie hat in der Schweiz eine über 50-jährige Geschichte. Das Interesse an psychologischen Interventionen zur Leistungsoptimierung nahm in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts zu. Bereits 1965 erfolgte in Rom die Gründung der International Society of Sport Psychology (ISSP) [1] und 1969 die der Fédération Européenne de Psychologie des Sports et des Activités Corporelles (FEPSAC) in Vittel, bei welcher die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (SASP) als Gründungsmitglied vertreten war [2]. Die SASP (seit 2013 Swiss Association of Sport Psychology) stand schon damals in enger Verbindung mit der Schweizerischen Gesellschaft für Sportmedizin und der Vereinigung der Diplomtrainer NKES und sorgte an der ETS Magglingen für die Verankerung der Sportpsychologie in der Trainerbildung. Dies war ein erstes Fundament für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Zudem organisierte Guido Schilling bereits 1972 in Magglingen ein Symposium mit dem programmatischen Titel «Sportpsychologie – wofür?» [3] und 1983 den VI. Europäischen Kongress für Sportpsychologie der FEPSAC [4], deren Präsident er von 1975 bis 1983 war.
Mit der bevorstehenden Gründung der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) 1987 als Dachverband aller Psychologieverbände etablierte sich auch die SASP als Verein mit Statuten und Vorstand. Verschiedene Arbeitsgruppen waren aktiv, um erfolgreich psychologisches Training und Beratungen im Leistungs- und im Gesundheitssport zu konzipieren und anzubieten [5,6]. An der ETH Zürich führte die Forschungs- und Beratungsstelle für Sportpsychologie angewandte Projekte durch, und mehrere Dissertationen wurden abgeschlossen. Die Integration der Sportpsychologie in das Sportwissenschaftliche Institut der ESSM in Magglingen ab 1996 stellte einen weiteren wichtigen Schritt dar, war die Sportpsychologie doch damit wieder im Zentrum der «Schweizer Sportwelt» angekommen. Mit der Unterstützung von Swiss Olympic wurde eine Gruppe aufgebaut, welche 2001 die Tagung der deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) in Magglingen durchführte [7], in der Trainerbildung aktiv war und mit der Praxisbeilage «Krafttraining für die Psyche» [8] auch einem breiten Publikum die grundlegenden Prinzipien des psychologischen Trainings im Sport vermitteln konnte. Das Sportförderprogramm Jugend + Sport des Bundes misst seit der Herausgabe der Broschüre «Psyche» 2010 den mentalen Leistungsfaktoren eine vergleichbare Bedeutung bei wie den physischen [9].
Mit der Institutionalisierung der Sportwissenschaft an den Schweizer Universitäten vor rund 15 Jahren wurden zunächst in Bern, dann auch in Lausanne sportpsychologische Professuren besetzt. Die Institute sind in den Fakultäten zusammen mit der Psychologie verortet und für die sportpsychologische Forschung von enormer Bedeutung. Sie tragen zusammen mit der Universität Basel, der ETH Zürich sowie der EHSM Magglingen wichtige wissenschaftliche Studien zu aktuellen sportpsychologischen Fragen bei. Die Durchführung des 14. Europäischen Kongresses für Sportpsychologie 2015 in Bern [10] widerspiegelt die hohe Anerkennung, die die Schweizer Sportpsychologie international erlangt hat.

Qualitative Entwicklung

Die inhaltliche Breite und das qualitative Niveau der Sportpsychologie um die Jahrhundertwende reichte von Leistungsoptimierung durch mentales Training und Stressmanagement über Identität im Freizeitsport bis hin zur Verletzungsrehabilitation und zur psychischen Gesundheit. Die wachsende Akzeptanz der Sportpsychologie widerspiegelte sich unter anderem auch in drei Themenheften der Schweizerischen Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie mit sportpsychologischen Schwerpunkten: «Psychologie und Sport» 1995 [11], «Psychologie in der Sportrehabilita­tion» 2002 [12] und «Sportpsychologie in der Schweiz» 2004 [13].
Mit der zunehmenden medialen Aufmerksamkeit und den sich stetig verbessernden Leistungen im Spitzensport wuchs auch der Bedarf an Unterstützung im «Mentalen Bereich». Auch in der Schweiz wurden jedoch Fälle unseriös arbeitender selbsternannter Mentaltrainer bekannt, die mit manipulativen Praktiken und dubiosen Versprechungen im Spitzensport Athletinnen und Athleten gefährdeten. Die seriöse Sportpsychologie lief dadurch Gefahr, den sorgfältig aufgebauten guten Ruf zu verlieren [14]. 1999 entwickelten Birrer und Seiler deshalb ein Qualitätsmanagementsystem für die Sportpsychologie [15] mit dem Ziel, qualitativ hochstehende und ethisch verantwortungsvolle sportpsychologische Beratung zu fördern und die Athletinnen und Athleten zu schützen. Dieses System orientierte sich an dem Konzept von Donabedian für die medizinische Betreuung [16], dessen Grundzüge der Optimierung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität auch in das Positionspapier der FEPSAC einflossen [17].
Zu den wichtigsten Aspekten der Strukturqualität gehört die Festlegung der für die Ausübung einer sportpsychologischen Tätigkeit erforderlichen Kompetenzen. In der SASP werden die Ebenen des Mentalen Trainings, der sportpsychologischen Beratung und Betreuung und der psychotherapeutischen Beratung und Behandlung unterschieden. Zusammen mit dem Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW wurde ein strukturierter Ausbildungsweg für Mentaltrainerinnen und Mentaltrainer entwickelt, der seit 2005 angeboten wird [18]. Für die sportpsychologische Beratung und Betreuung begannen SASP-Mitglieder um die Jahrtausendwende, Kernkompetenzen zusammenzustellen, die in einem Weiterbildungscurriculum für den Beruf der Sportpsychologin und des Sportpsychologen vermittelt werden sollten [18]. Das Curriculum im Umfang von 900 Stunden wurde im Mai 2005 von der Delegiertenversammlung der FSP genehmigt und damit der privatrechtlich geschützte Fachtitel für Sportpsychologie FSP geschaffen. Der erste dreijährige berufsbegleitende Weiterbildungsstudiengang wurde 2009 an der EHSM Magglingen abgeschlossen, zwischen 2011 und heute wurden drei Studiengänge am Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern durchgeführt, und im Jahr 2019 wurde am Institut des Sciences du Sport der Universität Lausanne erstmals ein äquivalenter Studiengang in französischer Sprache abgeschlossen. Bislang haben über 60 Absolventinnen und Absolventen ein Universitäres Diploma of Advanced Studies erlangt und dabei das theoretische und praktische Rüstzeug vermittelt bekommen, das sie zur eigenständigen, selbstverantwortlichen und kompetenten sportpsychologischen Tätigkeit mit Individuen und Gruppen im Handlungsfeld Sport und körperliche Aktivität befähigt.
Die Diskussion um die Qualität der sportpsychologischen Arbeit hat in den letzten Jahren zugenommen [19,20]. Zu den wesentlichen Massnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Beratungsqualität gehören die kontinuierliche und kritische Reflexion der eigenen Arbeit, insbesondere in Super- und Intervisionen, die systematische Fortbildung zum Erhalt und zur Steigerung der eigenen Kompetenz sowie die Weiterentwicklung der ethischen Standards durch die SASP unter Berücksichtigung der Richtlinien der FEPSAC [21], der FSP [22] und der Ethik-Charta von Swiss Olympic und dem Bundesamt für Sport (BASPO) [23]. Mit der FSP zusammen wurden auch die Voraussetzungen für die Re-Akkreditierung der Weiterbildungscurricula festgelegt, sodass die Studiengänge nach Abschluss des Prozesses auf hohem Niveau weitergeführt werden können.

Aktueller Stand und Ausblick

Die SASP sieht sich heute sowohl als Plattform für den Austausch als auch für die Schaffung von Fortbildungsmöglichkeiten und steht für Qualität der sportpsychologischen Arbeit ein. Wie in anderen europäischen Ländern besteht in der Schweiz ein Konsens, dass die Zulassung zum Berufsfeld der Sportpsychologie ein fünfjähriges Psychologiestudium mit Masterabschluss sowie eine postgraduale und supervidierte Weiterbildung voraussetzt [24]. Die SASP zählt Ende 2020 rund 100 ordentliche Mitglieder mit Hochschulabschluss in Psychologie. Aktuell haben 36 Personen den Fachtitel für Sportpsychologie der FSP und drei den des Berufsverbandes für Angewandte Psychologie SBAP erlangt. Zudem sind rund 30 Mentaltrainerinnen und -trainer Mitglieder der SASP (Stand Ende 2020). Für sie gelten klare Aufnahmekriterien, wobei es dabei primär um eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung geht. Die erworbene Qualifikation muss von allen SASP-Mitgliedern im Rahmen von Fortbildungen kontinuierlich aktualisiert und in regelmässiger Super- und Intervision reflektiert werden [25].
Die Angewandte Sportpsychologie ist ein Arbeitsfeld, welches in der Schweiz in den letzten 20 Jahren an Stellenwert gewonnen und eine bemerkenswerte Entwicklung gemacht hat. An einer 2018 veröffentlichten Umfrage nahmen 82 Personen aus dem Berufsfeld teil, der grösste Teil davon war selbstständig erwerbend. Im Durchschnitt arbeiteten sie zu rund einem Drittel in der Sportpsychologie. 63% waren in privater Praxis tätig und 38% in Sportvereinen oder Sportverbänden [24]. Inhaltlich besonders hervorzuheben sind sowohl die Betreuungen bzw. Beratungen des schweizerischen Nachwuchs- und Spitzensports, Beratungen und Fragen im Breitensport oder rund um den Gesundheitssport in allen Altersstufen. Weiter sind ebenfalls die Aktivitäten im Bereich der praxisrelevanten wissenschaftlichen Unterstützungen in Form von sportpsychologischer Forschung in den letzten Jahren enorm gewachsen. Die Sportpsychologie nutzt wissenschaftlich fundierte Methoden, um die psychischen Leistungsvoraussetzungen von Athletinnen und Athleten, Teams und auch Trainerinnen und Trainern zu fördern und nachhaltig zu optimieren, aber immer mit dem Fokus, auch für die psychische Gesundheit zu sorgen. Der Ablauf einer seriösen und nachhaltigen sportpsychologischen Beratung besteht in der Regel aus diagnostischem Gespräch und Auftragsklärung, Intervention und Evaluierung [26]. Bei der Intervention ist die psychische und physische Gesundheit die Grundlage für jede positive und nachhaltige Leistungsentwicklung. Deshalb unterstützen Sportpsychologinnen und Sportpsychologen ihre Klienten auch dabei, mit sich, ihren eigenen Werten und dem, was sie tun, in Einklang zu kommen und leisten so einen Beitrag zum Erhalt der psychischen Gesundheit durch primäre, sekundäre und tertiäre Prävention. Auf dieser Grundlage sollen die vielfältigen Ziele innerhalb und ausserhalb des Sports erreicht und neue Herausforderungen angegangen werden [26].
Bei der sportpsychologischen Unterstützung von Trainerinnen und Trainern geht es vorwiegend um Themen der Führung, der Kommunikation oder des effektiven Coachings. Sportpsychologinnen und Sportpsychologen übernehmen dabei vielfach die Rolle von Optimierungsbeauftragten. Das heisst, das grundsätzliche Ziel jeder sogenannten «Coach-the-Coach»-Intervention besteht darin, die Trainerinnen und Trainer so zu unterstützen, dass sie in ihrer Rolle wachsen und in der Lage sind, das Leistungspotenzial ihrer Teams zu fördern und möglichst auszuschöpfen. Wichtige Themen sind dabei spezifische Zielsetzungen, Rollenklärungen, motivationale und volitionale Aspekte oder Selbst- und Teamreflexionen. Die psychische Gesundheit, das Wohlbefinden und das Erholungsmanagement spielen dabei immer eine bedeutende Rolle. Sportpsychologinnen und Sportpsychologen fördern mit gezielter und systematischer Arbeit somit die Persönlichkeitsentwicklung, eine gewisse mentale Stärke, die Führungs- und Coachingkompetenzen und unterstützen mit einer gezielten Umfeld-Optimierung die Trainerinnen und Trainern sowie weitere Personen im Leistungssportsystem [26] bei ihrer Arbeit. Die sportpsychologischen Aktivitäten werden häufig mit der Aufgabenstellung des mentalen Trainings, der Selbstregulation oder der Krisenintervention in Verbindung gebracht. Zentrale Zielstellung jeder sportpsychologischen Beratung besteht in der Aufgabe, andere Menschen dazu zu befähigen, eigenverantwortlich zu handeln und Lösungen zu finden [26].
Auch die Erfahrung der zurückliegenden Olympiazyklen in der Schweiz zeigt, dass die Sportpsychologie sehr viel mehr zu leisten vermag. Seit 2006 ist ein Sportpsychologe als Mitglied des Betreuungsteams bei den Olympischen Spielen für die Schweiz akkreditiert. Er beschäftigt sich neben der Leistungs- und Erholungsoptimierung auch mit Organisationspsychologie, Kommunikation, Konflikt- und Krisenmanagement, mit psychischen Krisen und Grenzmomenten der gesamten Schweizer Delegation [27]. Dies bildet gesamtgesellschaftliche Aufgabenstellungen ab und zeigt, dass die Sportpsychologie neben der klassischen Trainings- und Wettkampfbetreuung einer Organisationspsychologie für die Lebens- und Arbeitswelt des Sports gleichkommt [26]. Eine wesentliche Aufgabe der Beratung ist somit die aufmerksame Beobachtung und Begleitung des Umfelds der Athletinnen und Athleten bzw. der Klientinnen und Klienten. Der grosse Vorteil dabei ist es, eine analytische Reflexion um eine systemische Betrachtung ergänzen zu können. Das bedeutet, dass sich die Sportpsychologie differenziert mit den Wechselwirkungen von Ausbildungs- und Arbeitswelt, Verbänden und den Bezugspersonen der Sportlerinnen und Sportlern auseinandersetzt. Dies geschieht in der Betrachtung der einzelnen Menschen im Beziehungsnetz ihres Umfelds, und die Interventionen haben hier zum Ziel, Muster deutlich werden zu lassen, Ressourcen zu aktivieren und die Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten der Beteiligten lösungsorientiert zu erweitern [28].
Die Sportpsychologie orientiert sich nicht nur an der wissenschaftlichen Psychologie und ihren methodischen Standards, sondern versteht sich auch als Teilbereich der Sportwissenschaft und ist auf verschiedene Formen der Sportpraxis ausgerichtet [29]. Neben dem Leistungssport gehören deshalb auch z. B. der Gesundheitssport oder der Freizeitsport zu ihren Anwendungsfeldern. Die Themen sind in diesen Gebieten so vielseitig wie die Individualität der Menschen. Die Zusammenarbeit verläuft ähnlich wie im Leistungssport: Zunächst wird mit der Auftragsklärung und einer differenzierten Analyse die entsprechende Zielsetzung der Thematik festgelegt. In einem zweiten Schritt wird mit einer gezielten Gesprächsführung die Entwicklung der Klientinnen und Klienten unterstützt und ihre Reflexion gefördert. Zur Qualitätssicherung werden die Interventionen im Nachgang dann als Prozess evaluiert. Häufig genannte Themen im Sport sind zum Beispiel die Nervosität, der Leistungsdruck, negative Selbstgespräche oder das fehlende Abrufen des eigenen Potenzials (z.B. [26]). Im Gesundheitssport stehen häufig die fehlende Motivation, das Barrierenmanagement, die seelische Gesundheit und das psychische Wohlbefinden, verschiedene Körperthemen wie ein verzerrtes Körperbild oder der Selbstwert im Vordergrund (z.B. [30]).
Heutzutage werden wie oben erwähnt zahlreiche Aufgaben im Betreuungssystem des Schweizer Sports von Sportpsychologen und Sportpsychologinnen wahrgenommen. Das Angebot ist breit und kann in den verschiedensten Bereichen genutzt werden. Ein aktuelles Thema, welches von der SASP angestossen und gefördert wird, ist das Elterncoaching: Wie sollen sich Eltern in der Unterstützung ihrer (sportbegeisterten) Kinder am besten verhalten, welche ‹do’s und dont’s› sind empfehlenswert und entwicklungspsychologisch erforscht? Wie können die Karriereübergänge der Sportlerinnen und Sportler [31] durch die Eltern unterstützt werden? Und in der Folge der Diskussionen um Missbrauch im Kinderleistungssport steht für die SASP der Einsatz für gesundheitsfördernde und organisatorische Massnahmen an. Kindern und Jugendlichen soll eine gesunde Entwicklung in einem sicheren Sportumfeld gewährt werden. Aktuell tauschen sich im Nachgang zum Sportparlament 2020 die vier Fachverbände Sportmedizin (SEMS), Sportpsychologie (SASP), Sportphysiotherapie (SVSP) und Sporternährung (SSNS) zur Prävention von Missbrauch im Kinder- und Jugendspitzensport eng aus.
Eine enge Kooperation von Sportpsychologie mit Medizin und Physiotherapie findet beispielsweise in der Reha­bilitation von Verletzungen oder bei der Übertrainings­diagnostik statt. Verschiedene Sportmediziner oder Sportmedizinerinnen empfehlen ihren Patientinnen und Patienten bei mentalen Anliegen die Kontaktaufnahme mit Sportpsychologen oder Sportpsychologinnen. Andererseits nehmen beim Vorliegen von Indizien für psychiatrische oder medizinische Probleme die Sportpsychologinnen oder die Sportpsychologen in Anerkennung ihrer fachlichen Kompetenzgrenzen eine Weiterleitung an medizinische, psychiatrische oder psychotherapeutische Fachpersonen vor. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit stellt sich als grosse Bereicherung für die Sportlerinnen und Sportler dar. Es wäre sehr wünschenswert, wenn diese Angebote zunehmend im organisierten Sport als direkte Zugangsmöglichkeit zur Verfügung stehen würden [24].

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vor­liegen.

Dank

Die Autoren danken zwei anonymen Reviewern für wertvolle Hinweise zur Verbesserung des Manuskripts.

Corresponding author

Viviane Scherler
Sevogelstrasse 117
4052 Basel
Tel. 079 260 46 46
E-Mail: info@scherlerpro.ch

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